Wohnungsnot in Bonn Rat verschärft Kontrollinstrument

BONN · Am Anfang war der Leerstand: Tausende Zimmer in Bonn werden nicht vermietet, obwohl es an Wohnungen mangelt. So verabschiedeten die Politiker im Juli 2013 eine Zweckentfremdungssatzung.

 Nicht nur ellenlanger Leerstand, auch kurze Vermietungen von Apartments führen dazu, dass auf dem Bonner Markt Wohnungen fehlen.

Nicht nur ellenlanger Leerstand, auch kurze Vermietungen von Apartments führen dazu, dass auf dem Bonner Markt Wohnungen fehlen.

Sie gibt der Stadt die Handhabe, bei Verstoß Bußgelder eintreiben zu können. Doch auf einmal wurde man in Bad Godesberg auf sogenannte Medizintouristen aufmerksam, aktuell stoßen Internetportale mit Ferienwohnungen sauer auf - Entwicklungen, die den Wohnungsmarkt weiter verknappen.

Die Verwaltung will dem nun einen Riegel vorschieben und schlug dem Stadtrat am Donnerstagabend eine Änderung der Zweckentfremdungssatzung vor. Alle stimmten dafür, nur die CDU enthielt sich mit einigen Stimmen, wollte das Thema eigentlich vertagen.

Die Vorlage kam plötzlich. "Es geht darum, dass in ganz Bonn Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen wird, um durch ständig wechselnde, kurzfristige Vermietung einen höheren Mietzins zu erzielen als durch eine Dauervermietung", sagte Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit. Gewerblich sei das ja möglich, sofern ein Gewerbe angemeldet ist.

Dies sind Feststellungen, die wie die Faust aufs Auge zur Lage in Godesberg passen. Dort fand dann an einer erweiterten Satzung auch die CDU Gefallen, die im Sommer 2013 noch von "Denunziantentum" und "Stasi-Methoden" sprach und davon, dass Privateigentum mit Füßen getreten werde.

In Godesberg hielt Christdemokrat Benedikt Hauser eine flammende Rede, um den Nachteilen des Medizintourismus Einhalt zu gebieten. Die Probleme liegen dort allerdings nicht nur in der Blockierung von Wohnraum. Auch Anwohner fühlen sich bisweilen gestört, wenn ganze Familien für die Behandlung eines Angehörigen auf engem Raum wohnen, es mal laut wird und die Mülleimer überquellen. In der Bezirksvertretung Bad Godesberg waren sich alle Fraktionen einig, dass etwas getan werden muss.

Der Beschluss im Rat geht noch einen Schritt weiter: Eine Sonderregelung für Medizintouristen dürfe es nicht geben. So kommen nun die in Ferienwohnungen umgewandelten Privatapartments ins Spiel - ein Phänomen, das in vielen anderen Städten Deutschlands und international bereits zu beobachten ist. Laut Stadt handelt es sich für die Vermieter um eine äußerst lukrative Zweckentfremdung.

SPD und Linke schlachten den Schwenk von CDU, aber auch FDP und Bürger Bund Bonn nun aus. Sie sind unterm Strich aber zufrieden, dass keine Fraktionen die Satzung mehr komplett ablehnt, die "sachlich angemessen und rechtssicher ist", so die SPD.

Seit Inkrafttreten der Satzung 2013 seien der Verwaltung mehr als 300 Wohnungen bekannt geworden, die darunter fallen, sagte Wahrheit. Es habe rund 35 Wohnungsbesichtigungen gegeben.

Wer Zimmer unnötig über einen längeren Zeitraum leerstehen lässt, muss damit rechnen, einmalig bis zu 375 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche als Ausgleich zu zahlen. Allerdings musste noch niemand zahlen, denn das Hauptaugenmerk der Satzung liege darauf, Wege zu finden, dringend benötigten Wohnraum dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen.

Vermieter größerer Gebäude, in denen es Leerstand gebe, seien angeschrieben worden. Auf ungenutzte Wohnungen würde etwa auch auf www.leerstandsmelder.de hingewiesen. Die Satzung soll laut Stadt der Vorbeugung dienen und zum Umdenken bewegen. So hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) jüngst, wie berichtet, die Verringerung ihres Leerstands vermeldet.

Auf die Kritik vor allem von Sozialpolitikern, das Instrument der Satzung werde zu wenig genutzt, kontert die Verwaltung, man brauche mehr Personal. In einem Jahr soll nun geprüft werden, ob sich die erweiterte Satzung bewährt hat.

Zweckentfremdung über das Internet

Nicht nur ellenlanger Leerstand, auch kurze Vermietungen von Apartments führen dazu, dass auf dem Bonner Markt Wohnungen fehlen. In den Fokus rückt dabei nicht nur, wie berichtet, der aus Bad Godesberg bekannte Medizintourismus: Patienten aus dem Ausland kommen für kurze Zeit in Privatwohnungen unter und zahlen dafür teils horrende Summen.

Die Stadt macht nun auf die steigende Zahl von Internetportalen aufmerksam, auf denen Zimmer angeboten werden. Bis zu 2000 könnten das in Bonn sein.

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