Öffentlicher Nahverkehr in Bonn Radvermietsystem soll 2018 starten

BONN · Im kommenden Frühjahr soll die Stadt Bonn ein Fahrradverleihsystem bekommen. So sieht es eine Vorlage der Stadtverwaltung vor. Indes steht nach wie vor die Finanzierung nicht fest.

Ein öffentliches Fahrradvermietsystem für Bonn rückt näher. Wie aus einer Beschlussvorlage der Verwaltung hervorgeht, könnte es Anfang 2018 umgesetzt werden. Im Mai befassen sich die zuständigen politischen Gremien mit dem Vorschlag. Er sieht vor, dass die Stadt mit den Stadtwerken als künftiger Betreiberin eine konkrete Umsetzungsvereinbarung schließt.

Nach bisherigem Stand sollen zunächst 900 Fahrräder an insgesamt hundert Standorten im Stadtgebiet der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Anknüpfungspunkte sind bestehende Haltestellen, Bahnhöfe, beliebte Ausflugsziele wie Museen oder der Rheinauenpark, aber auch Stationen in den Stadtbezirken wie beispielsweise am Quirinusplatz, wo die Bahnlinien 61 und 62 enden. Die Stadt betrachtet das Fahrradvermietsystem als Angebot, um Bus- und Bahnkunden attraktive Umsteigemöglichkeiten für die ,letzte Meile' anzubieten, heißt es in der Vorlage.

Ein Problem bleibt allerdings die Finanzierung. Der Rat hat für 2017 und 2018 zwar Haushaltsmittel in Höhe von jeweils 400 000 Euro freigegeben. Als Richtwert nennt die Stadt Kosten von mindestens einer Million Euro jährlich. Sollte die Einführung nach einer Ausschreibung mehr Geld kosten, müsste der Rat darüber ein weiteres Mal beraten, und die Einführung würde sich möglicherweise verzögern. Die Einzelheiten zur Finanzierung und Förderfähigkeit stehen noch nicht fest und sollen in der Vereinbarung geklärt werden.

Unterstützung von der Uni Bonn

Unterstützung hatte jüngst auch die Universität Bonn angekündigt. Da hatte Kristina Friske, Stellvertreterin des Uni-Kanzlers und für Liegenschaften zuständig, bei der Vorstellung der neuen Gebäuden am Campus Poppelsdorf gesagt: „Wir fördern die Mobilität auch, indem wir das Fahrradmietsystem, das ja die Stadtwerke Bonn im Auftrag des Stadtrates planen, unterstützen. Wir werden den nötigen Platz für Mietfahrräder zur Verfügung stellen und uns auch finanziell an der Fahrradflotte beteiligen.“

Die SPD befürwortet die Planung zwar, will aber verhindern, dass die Stadtwerke durch das Fahrradvermietsystem weiter wirtschaftlich belastet werden und hat für die Ausschüsse einen entsprechend lautenden Änderungsantrag eingereicht. Sollten mehr als die von der Stadt bereit gestellten 400 000 Euro hinaus notwendig sein, „ist das Defizit durch die Bundesstadt Bonn zu übernehmen, und die entsprechenden Mittel werden zusätzlich in den Haushalt eingestellt“, heißt es darin.

Das sieht auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Georg Fenninger so: „Wir können die SWB nicht mit diesem Projekt alleine lassen.“ Man müsse angesichts der Haushaltslage schauen, ob Ausgaben im öffentlichen Nahverkehr an anderer Stelle sinnvoll eingeschränkt werden könnten, um sie in das Mietsystem stecken zu können, so Fenninger.

Werner Böttcher, beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) für die Verkehrsplanung zuständig, dringt darauf, dass die Planungen vorangetrieben werden: „Über Jahre ist die Einführung in Politik und Verwaltung wie eine heiße Kartoffel hin- und hergeschoben worden. Dabei brauchen wir ein solches Fahrradverleihsystem so dringend in der Stadt“, erklärt Böttcher. Städte wie Dublin, Helsinki oder Budapest hätten längst eines. Es sei nicht nur ein sinnvolles Angebot für Pendler, sondern auch für Schüler und Studenten.

ADFC drängt auf Umsetzung

Böttcher erinnert auch an die Ankündigung des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS), die kostenlose Fahrradmitnahme für Schüler und Studenten in öffentlichen Verkehrsmittel zeitlich einzuschränken. Ab dem 1. August dürfen sie ihre Räder unter der Woche erst ab 19 Uhr statt wie bisher ab 16 Uhr mitnehmen, damit mehr Platz für Fahrgäste in der verkehrsreichen Zeit bleibt.

Auch viele andere deutsche Städte haben in den vergangenen Jahren Fahrradverleihsysteme eingeführt – so wie vor fünf Jahren die Stadt Mainz durch ihre eigenen Stadtwerke. Die Radflotte besteht heute aus knapp 1000 Rädern an 120 Stationen. Die Stadtwerker betreiben eine eigene Werkstatt für Reparaturen. Wie in Bonn vorgesehen, ist das Angebot in die Tarife des Nahverkehrs eingebunden, für Abonnenten und Studenten gibt es vergünstigte Tarife. Der Bund hatte bei der Einführung nach erfolgreicher Bewerbung eine Förderung von 1,9 Millionen Euro zugeschossen, 50 Prozent der Gesamtkosten, die ohne städtische Mittel gedeckt wurden.

„Wir arbeiten noch an einer schwarzen Null“, sagte Jens Grützner, Sprecher der Mainzer Stadtwerke, auf Anfrage. Er macht aber auch keinen Hehl daraus, dass es Probleme nach dem Start gab. „Wir hatten gegen Vandalismus zu kämpfen, haben das mittlerweile aber ganz gut in den Griff bekommen“, so Grützner. Die Zahl der Kunden sei seit 2012 von knapp 10 000 auf 25 600 gestiegen. 2016 zählten die Stadtwerke 460 000 Fahrten. Grützner: „Man kann schon von einem Erfolgsmodell sprechen.“

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