Bonner Jugendschwurgericht Prozessauftakt um totgeprügelten Familienvater aus Waldbröl

Bonn · Vier junge Männer aus Waldbröl ziehen los, um Flüchtlinge zu verprügeln. Dann schlagen sie einen Familienvater tot. Nun wird der Fall vor dem Bonner Jugendschwurgericht verhandelt.

Die Brutalität ist kaum vorstellbar: Am 1. September 2016 sollen vier junge Männer aus Waldbröl losgezogen sein, um „Flüchtlinge zu klatschen“ – am Ende kam ein Familienvater zu Tode. Am Dienstag hat der Prozess vor dem Bonner Jugendschwurgericht begonnen, sie sind wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Die Kammer kündigte bereits vor dem Prozess an, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags nicht auszuschließen sei.

Die vier jungen Männer im Alter zwischen 19 und 36 Jahren sollen sich am 1. September vergangenen Jahres getroffen und gemeinsam Alkohol getrunken haben. Im Verlauf des Abends habe dann einer der Angeklagten vorgeschlagen, „Flüchtlinge klatschen“ zu gehen. Während drei der jungen Männer, Walter M. (22) sowie die Brüder Tim P.(21) und Matthias P. (36), bereits losgezogen seien, blieb der jüngste der vier, Philipp K. (19) (alle Namen geändert), zunächst mit seiner Freundin in der Wohnung.

Später hätten sie sich wieder getroffen: Philipp K. sei dazugekommen, als Matthias P. gerade in eine handfeste Auseinandersetzung mit drei Asylsuchenden geraten sei. Die jungen Männer sollen den 36-Jährigen mit Holzbrettern geschlagen haben und anschließend geflüchtet sein.

Angestachelt von dieser Situation sei das Quartett schließlich auf die Suche nach Flüchtlingen gegangen. Auf dem Parkplatz eines Getränkemarktes an der Brölbahnstraße trafen sie dann zufällig auf ihr Opfer: Der stark alkoholisierte Familienvater soll die Gruppe angepöbelt und beleidigt haben, sodass zunächst ein verbaler Streit entstand. Matthias P. habe den 40-Jährigen gewarnt, die Stimmung sei aufgeheizt, er solle sich lieber aus dem Staub machen.

Laut Anklage haben die Angeklagten den Vater zweier Kinder schließlich geschlagen, sodass er zu Boden fiel. Dort hätten sie auf ihn eingetreten. Außerdem sei ein Schlagring und ein Baseballschläger im Einsatz gewesen. Sie hätten kurz von ihm abgelassen, er habe sich davon geschleppt, als er einen weiteren Tritt in den Rücken erlitten habe. Nach einem zusätzlichen Faustschlag sei er mit dem Kopf auf den Boden geschlagen. Der 40-Jährige soll daraufhin ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben, er starb kurz darauf im Krankenhaus.

Die vier Angeklagten machten am Dienstag Angaben zu ihren Lebensläufen, zwei von ihnen auch zum Tatvorwurf. „Siehst du, was du jetzt davon hast?“, will Philipp K. das Opfer gefragt haben, nachdem er ihm einen schweren Schlag ins Gesicht verpasst haben soll. Immer wieder will er ihm gesagt haben, er solle „sich verpissen“. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht, ob er wohl schwer verletzt ist“, erklärte der 19-Jährige vor Gericht, „aber ich hätte nie gedacht, dass er sterben könnte.“

Matthias P. ließ über seinen Anwalt erklären, er habe das Opfer schon rund 20 Jahre lang gekannt, eine „gute Bekanntschaft“ mit ihm gepflegt. Der 40-Jährige sei sofort aggressiv gewesen und habe Streit gesucht. Er selbst habe das Opfer jedoch weder geschlagen, noch getreten. Der Prozess wird am kommenden Freitag um 9.15 Uhr fortgesetzt. (sds)

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