Prozess in Bonn Meckenheimer gesteht Tötung von pflegebedürftiger Mutter

Bonn / Meckenheim · Vor dem Bonner Landgericht hat der Prozess gegen einen 56-jährigen Mann aus Meckenheim begonnen. Am ersten Prozesstag zeigte sich der Mann geständig.

 Der Angeklagte am ersten Prozesstag im Bonner Gericht.

Der Angeklagte am ersten Prozesstag im Bonner Gericht.

Foto: Ulrike Schödel

Der Mann auf der Anklagebank trägt einen blauen Anzug und Krawatte. Fast anderthalb Stunden lang schildert der wie ein seriöser Banker wirkende Mann dem Gericht die Geschichte seines Lebens und die ist auf das Engste mit seiner Mutter verwoben. Seit der Trennung seiner Eltern im Jahr 1971 hatten beide ständig zusammengewohnt. Sie habe alles getan, um ihm eine schöne Kindheit zu ermöglichen, so der Angeklagte, dem schier Unglaubliches vorgeworfen wird: Weil er die mittlerweile 90-jährige, pflegebedürftige Frau am 30. Juni dieses Jahres mit einem Küchenmesser erstochen haben soll, muss sich der 56-jährige Lagerist aus Meckenheim seit diesem Donnerstag vor dem Bonner Landgericht wegen Totschlags verantworten.

Weil das Geld knapp war, habe seine Mutter nach der Trennung zunächst als Putzfrau gearbeitet, erinnerte sich der Mann an seine Kindheit. Erst, als er nach Abschluss seiner Ausbildung ebenfalls verdiente, habe man sich ein wenig Luxus gegönnt: „Wir sind nach Arabien gefahren, nach Frankreich und in Monaco waren wir auch“, so der Angeklagte.

Fast 50 Jahre zusammen gelebt

Fast 50 Jahre lebten Mutter und Sohn alleine zusammen; zunächst noch in Köln, später dann in einer 80-Quadratmeterwohnung in Meckenheim, wo der Sohn als Lagerist bei einem Lebensmittelhändler arbeitete. Vor drei Jahren sei man dann in die kleine Zweizimmerwohnung gezogen, in der auch die Tat geschah. Er habe den Umzug trotz der beengten Platzverhältnisse gewollt, weil er an die Zeit nach dem Tode seiner Mutter gedacht habe. Spätestens dann wäre ihm die alte Wohnung zu groß gewesen.

Dass er seine Mutter erstochen habe, räumte der vollkommen emotionslos wirkende Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung ein: Bereits im Jahr 2006 wurde seine Mutter nach einer Brust-OP zum Pflegefall und für ihn habe von Anfang an festgestanden, dass er sich um sie kümmern werde. Die Mutter sei ihm gegenüber allerdings sehr fordernd gewesen: „Ich musste ihr 2014 versprechen, sie nicht ins Heim zu tun“, sagte er vor Gericht aus. Das sei allerdings für ihn ohnehin nicht in Frage gekommen; dennoch habe er insbesondere die nächtliche Pflege zunehmend als Belastung empfunden. Er habe kaum noch schlafen können, denn er habe die 90-Jährige jede Nacht mindestens drei Mal zur Toilette begleiten müssen.

Dieses Video ist Teil einer Kooperation zwischen dem GA und dem WDR.

Sohn wünschte sich Reha-Aufenthalt für seine Mutter

Der Tat war eine längerer Krankenhausaufenthalt der Mutter vorausgegangen: Während eines gemeinsamen Moselurlaubs war die übergewichtige Seniorin gestürzt und hatte sich einen Oberschenkel-Halsbruch zugezogen. Nach der Behandlung in der Bonner Uniklinik hätte der Sohn sich einen Reha-Aufenthalt für seine Mutter gewünscht. Ein Wunsch, dem die Versicherung allerdings nicht nachgekommen sei. So sei die Frau am 28. Juni fast komplett immobil wieder in ihre Wohnung zurückgekehrt. Wohl aus Frustration über diese Tatsache soll sie mehrfach geäußert haben, dass sie „aus dem Leben scheiden“ wolle.

Auch in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli habe er seine Mutter wieder mehrfach ins Bad begleitet. Als sie erneut seine Hilfe einforderte, habe er sich dann ein seit Wochen auf dem Fenstersims herumliegendes Küchenmesser gegriffen und es seiner Mutter direkt ins Herz gerammt. Direkt nach der Tat sei er ungläubig in sich zusammengesunken, weil er nicht habe fassen können, was er gerade getan hatte.

Drei Tage lang mit der Wohnung in der Leiche

Nach einiger Zeit habe er dann mit vier oder fünf Messerstichen in seine Brust versucht, sich auch selber zu töten. Das sei aber schiefgegangen und er habe die folgenden drei Tage allein mit der Leiche in der Wohnung verbracht; erst dann habe er den ärztlichen Notdienst gerufen. Die Ärztin hatte dann die Polizei alarmiert. Den Vernehmungsbeamten gegenüber gestand er die Tat; zuvor hatte er allerdings noch angegeben, dass sich seine Mutter selbst das Leben genommen habe. Mit einem Urteil wird bereits in der kommenden Woche gerechnet.

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