Radtour vom Bonner Münsterplatz zum Flugplatz in Hangelar Protesttag: Zeichen setzen mit dem Rad

BONN · Die dunklen Regenwolken können Anne-Kathrin Gentz-Schönfelder nicht ausbremsen. Dafür liegt ihr diese Aktion viel zu sehr am Herzen. "Ich fahre bei Wind und Wetter", sagt sie und präsentiert stolz ihr Tandem. Hinten wird gleich Astrid Hartmann aufsatteln.

 Anlässlich des "Europäischen Protesttages zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen" hat der Bonner ADFC eine Fahrradtour organisiert.

Anlässlich des "Europäischen Protesttages zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen" hat der Bonner ADFC eine Fahrradtour organisiert.

Foto: Barbara Frommann

Beide Frauen werden mit ihrer Radtour vom Bonner Münsterplatz zum Flugplatz in Hangelar ein eindrucksvolles Zeichen setzen. "Wir wollen auf die Situation von Menschen mit Behinderung aufmerksam machen", erklärt Gentz-Schönfelder.

Dabei hatte ihr Leben bis Mai 2001 noch ganz anders ausgesehen. Die junge Krankenschwester aus Bonn hatte eine Menge Zukunftspläne. Doch nach einem Unfall mit einem Schwertransporter war nichts mehr so wie zuvor: Wochenlanges Koma, halbseitige Lähmung und ein harter, mühsamer Kampf zurück prägten ihr Leben. Heute sieht man ihr ihre Schädel-Hirnverletzung nicht an. "Und genau das ist manchmal ein Problem", erzählt sie. "Ich sehe eigentlich gesund aus. Doch an ein normales Leben oder eine Berufstätigkeit ist nicht zu denken."

Unzählige Therapien und so mancher Rückschlag

Bis sie wieder auf eigenen Beinen stand, musste sie unzählige Therapien und so manchen Rückschlag hinnehmen. Jetzt verläuft ihr Alltag in einigermaßen geregelten Bahnen; auch ihre Gleichgewichtsprobleme hat sie wieder im Griff. Deshalb nimmt sie gerne jemanden auf dem Fahrrad mit.

Heute wird Astrid Hartmann hinten aufsitzen. Sie verfügt seit einer Gehirnoperation vor zwei Jahren nur noch über eine eingeschränkte Wahrnehmung, auf einem Auge sieht sie sehr schlecht.

Als "weibliches Tandem" wollen beide Frauen ein Zeichen setzen und treten deshalb gemeinsam in die Pedale. "Das Radfahren ist einfach wieder ein Stück Unabhängigkeit für mich", lächelt Anne-Kathrin Gentz-Schönfelder und fährt los.

Der ADFC hatte diese Tour anlässlich des "Europäischen Protesttages zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen" organisiert. Insgesamt 22 Vereine und Selbsthilfegruppen aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis beteiligten sich gestern an der internationalen Aktion auf dem Münsterplatz.

"Taktvoll - Bonn tanzt atemlos"

Unter der Federführung von "Dunital" sowie der Behinderten-Gemeinschaft Bonn wurde mit verschiedenen Kampagnen auf die Situation von Menschen mit Handicap aufmerksam gemacht. Nicht nur das gemeinsame Fahrradfahren, auch das Tanzen verbindet. Unter dem Motto "Taktvoll - Bonn tanzt atemlos" drehten sich Akteure und Besucher bei Discofox und Hip-Hop.

Zentraler Bestandteil der Veranstaltung war eine Menschenkette vom Hauptbahnhof bis zum Münsterplatz. Im Sinne der Inklusion reihten sich Menschen mit und ohne Behinderung aneinander. Bei einem Rundgang machten zudem Geh- und Sehbehinderte auf Stolperfallen in der City aufmerksam.

"Es ist schwer, einen Geldautomaten zu finden, der so niedrig angebracht ist, dass er auch von Rollstuhlfahrern genutzt werden kann", wies Marco Thoma von Dunital auf ein Alltagsproblem hin. "Aber", und darauf legte Hans-Hermann Heyland von der Behindertengemeinschaft Wert: "Bonn ist viel besser als viele andere Städte. Hier wurde in der Vergangenheit viel unternommen, um Menschen mit Behinderung die Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen." Dennoch sei eine solche Aktion wichtig, um das Verständnis wach zu halten.

Der Aktionstag

Ziel des "Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung" ist es , auf ihre Situation aufmerksam zu machen und sich dafür einzusetzen, dass alle gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können. Seit 20 Jahren organisieren Verbände und Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe rund um den 5. Mai überall in Deutschland

Podiumsdiskussionen, Informationsgespräche, Demonstrationen und andere Aktionen. Dabei geht es darum, die Kluft zwischen dem im Grundgesetz verankerten Anspruch der Gleichberechtigung für alle Menschen und der Realität Stück für Stück zu überwinden.

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