Prozess in Bonn Prostituierte überfiel "zugedröhnt" Passantin

Bonn · Burschikos und mit giftgelb gefärbten Zöpfen sitzt die 30-Jährige auf der Anklagebank. Sie ist, wie sie sagt, „nicht zum Spaß Prostituierte“ geworden: Die Drogen Heroin und Kokain hätten sie dazu gebracht. Seit Montag steht sie wegen schweren Raubes vor der 1. Großen Bonner Strafkammer.

 Eine Prostituierte steht vor Gericht, weil sie eine Passantin überfallen haben soll.

Eine Prostituierte steht vor Gericht, weil sie eine Passantin überfallen haben soll.

Foto: dpa

Der Vorwurf: Die 30-Jährige soll am 19. Juli eine 63-jährige Passantin auf der Ennemoserstraße überfallen und beraubt und dabei Pfefferspray eingesetzt haben.

Von Kindesbeinen an sei der Profi-Fußball ihr Traum gewesen, erklärte die 30-Jährige. Bis sie in die Drogenszene abgerutscht sei, habe sie auch in einem Bundesliga-Verein gespielt. Am Tattag habe sie Stress mit ihrem Freund und deshalb keine Lust auf Freier gehabt. Die seien sowieso nicht zum Straßenstrich gekommen, weil es regnete. Aber sie war pleite und die Sucht groß.

Gegen 19 Uhr sei dann diese Frau vorbeigekommen, die vor ihren Augen zwei Geldscheine ins Portemonnaie geschoben habe. „Ich wollte ihr das nur schnell wegnehmen“, so die Angeklagte. An den genauen Ablauf erinnere sie sich aber kaum: Sie sei „zugedröhnt“ gewesen. So musste ihr Opfer, eine 63-jährige Linguistin, als Zeugin gehört werden.

„Da ich die Straßenbahn verpasst hatte, war ich auf dem Weg zum Bahnhof“, erzählte die zierliche Wissenschaftlerin aus Heidelberg. Und plötzlich sei sie „von der Person angesprungen worden, voller Aggression und grenzenloser Wut“. „Plötzlich war ich in einer anderen Welt“, so die Zeugin. „Ich stand unter Schock“, erinnerte sie sich weiter. Sie bekam einen seitlichen Schlag, stürzte und lag hilflos auf dem Boden.

Angst begleitet die 63-Jährige seit dem Tattag

Später fehlten Hand- und Laptop-Tasche, Handy und 250 Euro. Abschürfungen, eine geplatzte Lippe, ein abgebrochener Schneidezahn waren die Verletzungen, die reparabel waren. Die Angst aber begleitet sie seitdem.

Die Angeklagte schien erschüttert über das, was sie angerichtet hat: „Dass Sie Angst haben, das tut mir sehr leid“, sagte sie zu ihrem Opfer. Als die Wissenschaftlerin den Gerichtssaal verließ, wandte sich die Angeklagte ab und schluchzte.

Sie wurde bereits zwei Stunden nach der Tat gefasst, das geraubte Handy hatte sie bei sich. Das Geld hatte sie im Bonner Loch bereits in Drogen umgesetzt. Seit drei Monaten sitzt sie in U-Haft und muss bei einer Verurteilung mit einer Mindeststrafe von drei Jahren Haft rechnen.

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