Klima-Gipfel in Chile abgesagt Politiker wollen Bonn als Ersatzstandort für Weltklimakonferenz

Santiago de Chile/Bonn · Nach der überraschenden Absage der Weltklimakonferenz in Chile werden Forderungen aus der Politik laut, dass Deutschland mit seinem UN-Standort Bonn kurzfristig einspringt. Nur wäre das überhaupt machbar?

 Bereits 2017 richtete Bonn die Weltklimakonferenz aus.

Bereits 2017 richtete Bonn die Weltklimakonferenz aus.

Foto: dpa

Chile hat wegen der schweren Proteste die Ausrichtung der nächsten Weltklimakonferenz im Dezember und des Asien-Pazifik-Gipfels im November abgesagt. Staatschef Sebastián Piñera sagte am Mittwoch in Santiago de Chile, die Regierung müsse sich vorwiegend der Befriedung sowie der Ausarbeitung von Reformen widmen, die den Forderungen der Protestwelle gerecht würden. Der Klimagipfel sollte von 2. bis 13. Dezember in der chilenischen Hauptstadt stattfinden. Bei der Suche nach einer Alternative richten sich die Blicke auch auf Deutschland - genauer gesagt, auf Bonn.

„Deutschland hat mit der UN-Stadt Bonn alle Voraussetzungen, die Klimakonferenz auch unter diesen schwierigen Bedingungen zum Erfolg werden zu lassen,“ fordert Grünen-Umweltpolitiker Oliver Krischer. Für die Bundesregierung wäre es die Chance, „nach Jahren der Stagnation und des Rückschritts der deutschen Klimapolitik mal wieder ein Zeichen zu setzen“.

Dieses Video entstand in einer Kooperation aus WDR und GA.

Auch die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat erklärt, Bonn stehe als Tagungsort bereit. Ein NRW-Regierungssprecher sagte: „Der UN-Standort Bonn würde dafür über beste Vorerfahrungen verfügen.“ Zuvor hatte die „Welt“ darüber berichtet. Das Klimasekretariat der Vereinten Nationen hat seinen Sitz in Bonn. 2017 richtete die Stadt den Gipfel ersatzweise aus.

„Jetzt muss die Bundesregierung einspringen und die Klimakonferenz am UN-Standort Bonn ausrichten“, forderte Ann-Kathrin Schneider von der Umweltorganisation BUND. Die Umsetzung des Pariser Abkommens müsse trotz der Absage sichergestellt werden. Auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff forderte: „Die Bundesregierung muss jetzt zeigen, dass sie es mit dem Klimaschutz ernst meint und die Konferenz deshalb schnellstmöglich nach Deutschland holen.“

Wäre Bonn logistisch überhaupt machbar?

Eine Sprecherin der Stadt Bonn sagte am Donnerstag, dass die ehemalige Bundeshauptstadt bei einem Beschluss über die Ausrichtung des Gipfels „keine Rolle spiele“. Das sei eine Entscheidung des UN-Klimasekretariats in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium. Zugleich äußerte sich die Sprecherin skeptisch, dass der Klimagipfel kurzfristig an einen anderen Standort verlegt werden könne. So habe die Organisation des Klimagipfels im Jahr 2017 eine Vorbereitungszeit von elf Monaten erfordert. Zudem habe die Bundesregierung damals für die Ausrichtung des Treffens 130 Millionen Euro bereitgestellt.

Der deutsche Umweltstaatsekretär Jochen Flasbarth twitterte, es gehe bei der Suche nach einem Gipfelstandort nicht nur um Professionalität und Engagement - es müsse auch logistisch möglich sein. „Das ist für viele potenzielle Ausrichtungsorte die Problematik - auch für Bonn. Und im übrigen ist es nicht unbedingt erstrebenswert, es immer häufiger im globalen Norden zu machen“, ergänzte Flasbarth in dem Kurznachrichtendienst.

Die jährlichen Treffen der Klima-Diplomaten dienen dazu, die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens voranzutreiben. Vergangenes Jahr reisten mehr als 20.000 Teilnehmer ins polnische Kattowitz, darunter viele Staats- und Regierungschefs.

Entwicklungsminister Gerd Müller nutzte die Absage, um für seinen Vorschlag zu werben, die Klimakonferenzen nur noch alle zwei Jahre stattfinden zu lassen. Die Absage sei bedauerlich, aber auch eine Gelegenheit, über das Format nachzudenken, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Es kann nicht zeitgemäß sein, dass jedes Jahr 20.000 Menschen für 14 Tage einmal um den halben Globus fliegen.“ Sein Vorschlag: „Auf hochrangiger Ebene finden die Treffen nur noch alle zwei Jahre statt.“ Dazwischen sollten die Experten regelmäßig in kleineren Formaten arbeiten.

Mit epd-Material

(dpa)
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