Bundeszentrale für politische Bildung Podiumsdiskussion: Wie sicher ist die Rente?

BONN · Bei einer Podiumsdiskussion in der Bundeszentrale für politische Bildung suchten der Remagener Professor Stefan Sell und Ingo Schäfer vom DGB eine Antwort auf diese zukunftsträchtige Frage

"Die Rente ist sicher." Der Satz des damaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm aus dem Jahr 1986 gilt im 21. Jahrhundert nur noch bedingt. Wie gerecht ist heute die Verteilung von Arbeitsleistung und Altersversorgung? Müssen die Kinder von heute während ihres Erwerbslebens zwei Rentner versorgen? Und wenn sie selbst alt sind: Gibt es dann überhaupt noch eine staatliche Altersversorgung? Diese und viele weitere Fragen versuchten Stefan Sell und Ingo Schäfer im Rahmen einer von der Bundeszentrale für politische Bildung gemeinsam mit der Volkshochschule Bonn ausgerichteten Veranstaltung zu beantworten.

Der Remagener Volkswirtschafts-Professor und der Referatsleiter für Alterssicherung und Rehabilitation beim Deutschen Gewerkschaftsbund DGB begannen auf der von GA-Redakteur Jörg Manhold moderierten Veranstaltung mit einer Bestandsaufnahme der aktuellen Situation: Für eine durchschnittliche Rente müsse man 45 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, erläuterte Sell. Bereits hier würde so mach einer seiner Studenten schlucken. Dazu käme aber, dass dabei von einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 3000 Euro ausgegangen würde und das sei ja mitnichten das, was jeder zur Verfügung habe: „Je nachdem, wie weit sie darunter liegen, müssten Sie also theoretisch 80 oder 90 Jahre einzahlen“, so Sell mit spürbarem Sarkasmus.

Altersarmut sei bis zur ersten Rentenreform von 1957 die Norm gewesen und man müsse aufpassen, dass es nicht wieder dazu komme, meinte Schäfer. Das eigentliche Problem sei heute aber nicht das Rentensystem, sondern der Arbeitsmarkt, so der Gewerkschaftler. Das sah Sell deutlich anders: Das bestehende Modell sei den gebrochenen Erwerbsbiografien, wie sie zum Beispiel im Osten häufig zu finden seien, kaum gewachsen, so der Volkswirt. Jetzt wäre es an der Zeit die Leistung beispielsweise großer Konzerne so zu besteuern, dass eine Finanzierungsgrundlage für ein anderes Modell entstehe.

Die Niederländer oder Schweizer seien zum Beispiel wesentlich besser abgesichert als die Menschen hierzulande. So gebe es in den Niederlanden zum Beispiel eine steuerfinanzierte Grundrente von 1000 Euro. Und die Schweizer, die ja nun nicht des Sozialismus’ verdächtig seien, hätten eine Volksversicherung, in die alle – vom Selbstständigen über den Arbeitnehmer bis zum Beamten – einzahlen müssten. Zur Finanzierung sei die Maximalrente dort beim Doppelten der Basisrente gedeckelt und es gebe keine Beitragsbemessungsgrenze nach oben. Eine Gesellschaft müsse sich überlegen, welche Altersversorgung sie sich leisten wolle, entgegnete Schäfer. Er glaube, dass das bestehende System auch für Geringverdiener noch Potenzial habe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort