Kunstmuseum Plädoyer fürs Bonner Festspielhaus: Peer Steinbrück beim kulturpolitischen Aschermittwoch

bonn · Als "zerlaufen und richtungslos" empfindet Peer Steinbrück heute die Debatte rund um das Festspielhaus. "Wir hatten eine gute Perspektive", sagte er beim kulturpolitischen Aschermittwoch im Kunstmuseum und zählte auf: Bundesmittel für den Betrieb, erstklassige Architekten und gute Berater.

Doch jetzt stecke das ambitionierte Projekt mitten in einer "befremdlichen Entwicklung". Das sagte einer, der Jahre lang als Moderator zwischen den Festspielhausparteien fungierte: "Bonn läuft beim Scheitern Gefahr, den Ruf als Beethovenstadt zu verlieren", warnte er, äußerte Befürchtungen eines "Qualitätsabrisses des Beethovenfests in absehbarer Zeit" und ermahnte die Stadt, das Projekt "ehrgeiziger als bisher" voranzutreiben.

Bonn Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch sprach in seiner Rede davon, das "privat finanzierte Festspielhaus" zur Jahresmitte "auf den Weg bringen" zu wollen. Bonn brauche ein Konzerthaus, "das akustisch höchsten Ansprüchen genügt". Er gehe davon aus, dass sich die Stadt bereit erklären werde, "einen finanziellen Beitrag zum dauerhaften Betrieb des Festspielhauses zu leisten". So ein deutliches Signal war bislang von Nimptsch nicht zu hören.

Der ehemalige Bundesfinanzminister Steinbrück, den der Kulturkreis Bonn als Festredner eingeladen hatte, war nicht mit einer launigen Rede ans Podium getreten. Sein Beitrag entwickelte sich, wiewohl mit Bonmots gespickt, zu einem Beitrag mit Zügen einer Bußpredigt zum Thema, wie Politik und Bürger miteinander umgehen.

Direkt, wie man ihn schätzt, sprach er vor hundert Gästen die "Unersättlichkeit von Ansprüchen" an, die "Empörungsbereitschaft", den Widerspruch zwischen Regulierungsbedürfnis und Angst vor Überbürokratisierung, die Forderung nach "staatlicher und kommunaler Leistungsbereitstellung - aber keiner ist bereit, die entsprechenden Steuern zu zahlen".

Milder ging Steinbrück mit der eigenen Kaste ins Gericht: Zwar "bestätigt die Causa Wulff alle Vorurteile, die in der Bevölkerung vorhanden sind", jedoch seien 90 Prozent der Politiker in Deutschland ehrenamtlich tätig. "Lassen Sie sich nicht von den Vorurteilen leiten", meinte er und warnte davor, wenn "die Distanz und berechtigte Kritik gegenüber Politikern in Zynismus und Verachtung" umschlage.

Steinbrück warb um Verständnis für die "katastrophale Finanzlage der Kommunen", meinte aber gleichwohl auf Bonn gemünzt: "Die Zukunftsfähigkeit der Stadt hängt von den kulturellen Angeboten ab". Von einer "Frontstellung" zwischen Kultur und Sport hält Steinbrück nichts.

Auch Nimptsch verwies auf die desolate Finanzsituation: "Es läuft auf eine Art Grundsatzentscheidung hinaus, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang wir das städtische Vermögen jetzt ausgeben, um auf Kosten der Enkel diese Standards zu halten." Und: "Es kann keine Gesamtsteigerungen beim Zuschuss für die Kultureinrichtungen geben, und da schrittweise alles teurer wird, führt diese Haltung dazu, dass die Kultureinrichtungen Teuerungsraten selbst auffangen müssen."

Man könne den Standard jedoch auf Dauer nur mit zusätzlichen öffentlichen und privaten Mitteln erhalten. Die Stadt investiere pro Bürger 180 Euro jährlich in die Kultur, insgesamt rund 58 Millionen Euro, rechnete er vor.

Den Abend eröffnet hatten junge Musiker des "Netzwerks Ludwig van B." mit einer Kostprobe aus dem "Schauspieldirektor", bevor Manfred Jung, Vorsitzender der Bürger für Beethoven, die fünf "Orientierungspunkte" des Kulturkreises Bonn vorstellte. Bonn sei "eine lebendige und kreative Stadt", sagte er und monierte, dass diese Vielfalt von vielen Bürgern, auch Politikern, "mehr als Hypothek denn als Chance" gesehen werde.

Schließlich erinnerte er an die 2009 gestorbene Karin Hempel-Soos, "eine ebenso anregende wie streitbare Persönlichkeit", die als Sprecherin und Motor des Kulturrates den kulturpolitischen Aschermittwoch initiierte: "Ihrem Wirken hat die Bonner Kulturszene viel zu verdanken", sagte Jung im Namen des Kulturkreises.

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