Prozess in Bonn Pensionierter Beamter soll Beihilfe betrogen haben

BONN · Träger des Bundesverdienstkreuzes, viele Jahre geschätztes Mitglied des Bonner Stadtrates, ehrenamtlich in seinem Stadtteil aktiv, ein geachteter Bürger. Und nun dem Vorwurf ausgesetzt, ein Betrüger zu sein.

Was den inzwischen 81-jährigen pensionierten Ministerialbeamten dazu bewogen haben mag, den Staat in den vergangenen fünf Jahren um fast 200.000 Euro zu betrügen, ist auch den Ermittlern bislang ein Rätsel. Denn dass der Bundesbeamte sich des Betrugs schuldig gemacht hat, steht für die Staatsanwaltschaft fest: Sie hat ihn nun angeklagt.

Ein klares Motiv ist nicht erkennbar: keine erdrückenden Schulden, eine respektable monatliche Pension, die erwachsenen Kinder stehen längst auf eigenen Füßen. Doch die Beweislage ist nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erdrückend: Von 2008 bis 2013 soll der Mann eigenhändig gefälschte Rechnungen der Universitätsklinik auf dem Venusberg bei seiner Beamtenbeihilfe eingereicht haben. Dem Vernehmen nach pro Jahr für je zwei einmonatige stationäre Aufenthalte. Kosten: jeweils rund 30.000 Euro. Den Briefkopf soll sich der pensionierte Beamte mit Hilfe einer Originalvorlage nach einem echten Klinikaufenthalt selbst am Computer erstellt haben.

Die Beihilfe übernimmt bei pensionierten Beamten 70 Prozent der Kosten, den Rest erstattet anschließend die Krankenversicherung. Auch dem pensionierten Bonner Ministerialbeamten hatte man die eingereichten, jeweils fünfstelligen Beträge binnen weniger Tage überwiesen - offenbar ohne weitere Prüfung.

Erst als eine Sachbearbeiterin der Beihilfebehörde über eine formale Unstimmigkeit in der jüngsten Rechnung stolperte, rief sie die Verwaltung der Universitätskliniken an und fragte nach, ob es sich um 31 oder um 34 Tage stationären Aufenthalt gehandelt habe. Die Antwort verblüffte die Sachbearbeiterin: Keinen einzigen der genannten Tage habe der betagte Ministerialbeamte in der Uniklinik zugebracht.

Der Stein kam ins Rollen, sämtliche alten Rechnungen wurden überprüft und mit der Verwaltung der Uniklinik abgeglichen, schließlich wurde die Sache zur Anzeige gebracht. Nun hat das Gericht die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen "gewerbsmäßigen Betrugs" zu prüfen. Auf richterliche Anordnung wurde nach GA-Informationen bereits das Auto des Pensionärs beschlagnahmt sowie das auf insgesamt fünf privaten Bankkonten befindliche Barvermögen arrestiert.

Die Beihilfe ist eine finanzielle Unterstützung in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen für deutsche Beamte, Soldaten und Berufsrichter, deren Kinder sowie deren Ehepartner. Es gibt in Deutschland kein einheitliches Beihilferecht, sondern für Bund und Länder unterschiedliche Beihilfeverordnungen.

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