Pensionierung des Heinrich-Hertz-Europakolleg-Leiters Patriarch und Porschefan

BONN · Er zählt mit Abstand zu den dienstältesten Schulleitern Bonns: Gerhard Dohlen. Nach fast 25 Jahren im Amt als Direktor des Heinrich-Hertz-Europakollegs geht der 65-Jährige heute in den Ruhestand. Leicht fällt ihm der Schritt nicht.

 Nur noch wenige Tage sitzt Gerhard Dohlen an seinem Schreibtisch im Direktorenzimmer des Heinrich-Hertz-Europakollegs.

Nur noch wenige Tage sitzt Gerhard Dohlen an seinem Schreibtisch im Direktorenzimmer des Heinrich-Hertz-Europakollegs.

Foto: Horst Müller

Dohlen ist Lehrer und Pädagoge mit Leib und Seele. Sein Büro ist wie sein zweites Zuhause, räumt er freimütig ein und lacht. Das gereicht ihm heute zum Vorteil. Denn er muss sich gut auskennen in seiner Schule: Dohlen ist fast blind.

Eine Augenkrankheit hat ihm die letzten Jahre seines Schulleiterlebens zu schaffen gemacht. Aber Dohlen hat sich nicht unterkriegen lassen. Mit Hilfe eines Lesegeräts gelingt es ihm immer noch, seine Post selbst zu lesen. Dank seiner großen Familie - mit seiner Frau, den drei Töchtern sowie deren Familien lebt er auf dem Abtshof in Hennef - findet er immer jemanden, der ihn zur Schule fährt und wieder abholt.

Daran musste sich der leidenschaftliche Porschefahrer anfangs erst gewöhnen. "Wissen Sie, wie viele tausend Kilometer ich über die Nordbrücke gefahren bin", sagt er mit Wehmut in seiner Stimme.

Als der 65-Jährige Anfang 1991 seinen Direktorenposten in Bonn antrat, nannte sich seine Schule noch Gewerbliche Bildungsanstalt. Dohlen, der in Aachen Bautechnik und Wirtschaftsgeografie studiert hat, hat daraus nicht nur die größte Schule Bonns, sondern eines der größten Berufskollegs in der ganzen Region gemacht.

Die Schule zählt heute 3500 Schüler und mehr als 130 Lehrkräfte. "Das ist schon wie ein größerer mittelständischer Betrieb", meint er nicht ohne Stolz. Er, das Kind einer Unternehmerfamilie in Geilenkirchen, gilt bei seinen Lehrern wie Schülern als Autoritäts- und Respektperson wie sie im Buche steht.

Als einer, der führen kann, aber andere dabei nicht stehen lässt, sondern sie mitnimmt. Dohlen ist der Patriarch des Heinrich-Hertz-Europakollegs. Und er hat Sinn für Humor: Seit Jahren nimmt er mit seinen Schülern und Kollegen am Rosenmontagszug teil. Man merkt ihm an, da ist er in seinem Element, wenn er wie der Prinz oben auf dem Wagen stehen und die Kamelle mit beiden Händen austeilen kann.

Der Schulleiter ist zudem perfekter Netzwerker. Bereits 1988 wurde er in den Berufsbildungsausschuss der Handwerkskammer zu Köln berufen. Seit 1993 gehört er dem Berufsbildungsausschuss der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg an und ist seither Sprecher der Berufskollegs der Region Bonn/Rhein-Sieg.

Zudem engagiert er sich ehrenamtlich seit 1993 als Vorsitzender von Meisterprüfungsausschüssen der Handwerkskammer zu Köln und seit 1989 im Verkehrs- und Verschönerungsverein Hennef. Der Mann kennt Gott und die Welt. Maßgeblich beteiligt war er im vorigen Jahr bei der Neuordnung der Berufskollegs in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis, als die Berufsgruppen zusammengefasst wurden.

Das bescherte zwar einigen Berufsschülern weitere Wege, "aber heute beschwert sich keiner mehr", sagt er sichtlich zufrieden. Denn diese Neuordnung ermögliche den Berufskollegs eine Mehrzügigkeit, die den Neigungen und Fähigkeiten der Schüler eher gerecht werden könne.

Den nächsten großen Schritt auf dem Weg in die Zukunft seiner Schule muss er seinem Nachfolger überlassen. Das Heinrich-Hertz-Europakolleg soll ab 2017 Ganztagsschule werden, damit die Präsenz der Auszubildenden in den Betrieben erhöht werden kann. "Das ist unbedingt notwendig", erklärt er, "die Handwerksbetriebe müssen sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation immer mehr spezialisieren und dies durch zusätzliche überbetriebliche Ausbildung ausgleichen".

Es ist klar: Dohlen, der seit 2009 in der Hennefer CDU-Ratsfraktion sitzt, wird auch nach seiner Pensionierung in der Berufsschulpolitik weiter mitmischen - zumal er dort ein gefragter Ratgeber ist. Sein Credo: "Man kann auch gute Bildung erhalten, ohne Ovid lesen zu müssen".

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