Gericht Paar soll Opfer in Liebesfalle gelockt haben

BONN · Nicht mehr grün sind sich ein 38-Jähriger und seine ehemalige Geliebte: Die beiden sitzen seit Mittwoch gemeinsam mit einem 21 Jahre alten Bekannten vor dem Landgericht - und würdigten sich keines Blickes. Beide sind wegen schweren Raubes angeklagt.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, fünf Geschäftsreisende in eine Sexfalle gelockt und die Männer dann ausgeraubt zu haben. Sie müssen sich wegen schwerer räuberischer Erpressung, schweren Menschenraubs und besonders schweren Raubes vor den Richtern der 3. großen Strafkammer verantworten.

Am ersten Verhandlungstag legte das Trio zwar ein weitgehendes Geständnis ab. Das ehemalige Pärchen bezichtigte sich allerdings gegenseitig, die treibende Kraft hinter den Überfällen im vergangenen November gewesen zu sein. So behauptete die 26-Jährige, sie habe nur mitgemacht, weil sie große Angst vor dem 38-Jährige hatte. Der verheiratete Familienvater, in dessen Haushalt sie sogar eine Zeit lang gelebt haben soll, sei zu Beginn ihrer Affäre ein "Vertrauter" gewesen. Nur durch ihn habe sie den Mut gefunden, ihren Ehemann, mit dem sie nach eigenen Angaben zwangsverheiratet wurde, zu verlassen.

Doch nach einiger Zeit sei der neue Freund gewalttätig geworden und habe sie immer wieder bedroht. Die Idee, via Internet in einem einschlägigen Chatroom Kontakte zu potenziellen Opfern aufzunehmen, stamme von dem 38-Jährigen. Mit den Geschäftsreisenden wurden dann telefonisch Treffpunkte in Bonn vereinbart.

Laut Anklage wurden die Opfer bei den Treffen von den beiden angeklagten Männern mit einer Waffe bedroht und meist in die Autos gezwungen, mit denen die Freier gekommen waren. Nachdem diese ausgeraubt waren, fuhren die Täter sie an einen anderen Ort, ließen die Opfer aussteigen und fuhren davon. Erbeutet wurden laut Anklage mehrere tausend Euro, 1000 Schweizer Franken und eine Luxusuhr im Wert von 10.000 Euro. Von der Beute sah die 26-Jährige nach eigenen Angaben jedoch "keinen Cent".

Die Angaben seiner ehemaligen Geliebten bezeichnete der 38-Jährige als "völligen Blödsinn. Das ist einfach eine Lüge." Laut dem Gelegenheitsarbeiter, der zuletzt Wohnungen in Bad Godesberg vor allem an Medizintouristen aus arabischen Ländern vermietet haben soll, hatte die Mitangeklagte die Idee zu den Überfällen.

Ihm habe sie erzählt, dass die Männer Schulden bei ihr hätten, die er eintreiben solle. Auch woher diese angeblichen Schulden stammten, habe sie ihm erklärt und behauptet, sie habe für die Geschäftsreisenden gedolmetscht und sie "nett begleitet". Nicht er habe der 26-Jährigen gedroht, sondern sie ihm: Wenn er nicht mache, was sie verlangt, werde sie ihn verlassen und zudem alles seiner Frau erzählen.

Die Beute übergab der Familienvater eigenen Angaben zufolge komplett an die Mitangeklagte - bis auf die 50 Euro, die er seinem Helfer abgegeben haben will. Dies stritt der 21-Jährige sogleich ab. Der Dritte im Bunde behauptete, kein Geld bekommen zu haben. Der 38-Jährige habe ihn als Bezahlung einige Tage in einer seiner Wohnungen schlafen lassen. Heute tue es ihm von Herzen Leid, dass er mitgemacht habe. "Ich hätte lieber unter die Brücke gehen sollen", sagte der junge Mann, der angeblich kurz vor den Taten seine Wohnung verloren hatte. Der Prozess wird fortgesetzt.

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