Prozess in Bonn Obdachloser "lieh" sich ein Damenrad

Bonn · Ein Fahrrad gab es im Prozess vor dem Amtsgericht gegen einen 41 Jahre alten Mann im Gerichtssaal zu bestaunen. Den Obdachlosen hatte die Staatsanwaltschaft wegen Diebstahls angeklagt, da er mit dem Rad einer Polizeistreife in die Arme gefahren war.

In der Nacht auf den 30. Mai 2015 wurde der Fahrradfahrer angehalten, da er ohne Licht fuhr. Es stellte sich heraus, dass auch die Bremsen defekt waren. Der 41-Jährige räumte gegenüber den Polizisten sofort ein, dass es nicht sein Rad war, auf dem er saß.

Er gab an, in jener Nacht unter der Viktoriabrücke gelegen zu haben. Da seine Beine schmerzten, habe er sich auf das nicht abgeschlossene Rad gesetzt, um sich etwas zu bewegen. Sowohl gegenüber den Polizisten als auch im Prozess betonte der Angeklagte, dass er das Fahrrad nach der Rundtour wieder an seinem ursprünglichen Platz abstellen wollte.

Niemand hatte eine Anzeige erstattet

Strafrichter Dominik Reppel hatte das asservierte dunkelblaue Damenrad mit zwei Einkaufskörben in die Verhandlung gebracht, um zu klären, ob es wirklich das Rad ist, mit dem der Angeklagte unterwegs war. Denn laut dem 41-Jährigen war das Fahrrad beinahe schrottreif und offenbar herrenlos. Es soll bereits seit längerer Zeit unbenutzt unter der Brücke gestanden haben. Die Lacher auf seiner Seite hatte der Richter, als er, bezogen auf den Zustand des Fahrrades, sagte, dass sein eigenes nicht mehr so gut aussehe. Die als Zeugen geladenen Polizisten bestätigten, dass es sich tatsächlich um das Rad aus der Tatnacht handelt.

Letztlich waren sich aber alle Prozessbeteiligten einig, dass der Angeklagte vom Vorwurf des Diebstahls freizusprechen ist. Dass der 41-Jährige das Rad für sich behalten wollte, war ihm nicht nachzuweisen. Zwar ist auch das unberechtigte Fahren mit einem fremden Fahrrad strafbar - jedoch nur, wenn der Eigentümer eine Anzeige erstattet. Bis heute hat sich jedoch kein Besitzer des Rades gemeldet.

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