Wenig Wasser im Rhein Niedrigwasser macht Bonner Hafen zu schaffen

BONN · Der Rhein führt wegen der lang anhaltenden Trockenheit extrem wenig Wasser. Frachtschiffe können nur noch einen Bruchteil ihrer Ladung transportieren. Industriebetriebe und Logistiker kommen dadurch ins Schwitzen.

Am Bonner Hafen legen pro Woche mit 120 Frachtern derzeit mehr als doppelt so viele Schiffe wie normal an - doch für den Umschlagplatz ist das alles andere als eine gute Nachricht. "Wenn ein Schiff normalerweise 2000 Tonnen Fracht laden kann, sind es zurzeit vielleicht noch 300 oder 350 Tonnen", sagt Alfons Am Zehnhoff-Söns zu den Folgen des Niedrigwassers. Er ist Geschäftsführer der gleichnamigen Firma, die für den operativen Betrieb am Bonner Rheinhafen verantwortlich ist.

Von Januar bis März hat sein Unternehmen mit 20.000 Containern ein Umschlagsplus von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingefahren. Bis Ende September ist daraus mit 42.500 Containern ein Umsatzminus von zehn Prozent geworden. Für die Rheinreeder sei die Situation geradezu dramatisch, sagt Am Zehnhoff-Söns.

Seine Firma betreibt mit einem Frachter noch als Dienstleister die Transportlinie Trier-Bonn-Rotterdam. Statt 100 Prozent beträgt die Auslastung zurzeit nur 15 bis 20 Prozent. Aufträge mit einem Anteil an Binnenschifftransport nimmt das Unternehmen nur noch unter Vorbehalt an. "Unser Geschäft ist unplanbar geworden", sagt Am Zehnhoff-Söns. Ladungen müssten aufgeteilt oder auf Schiene und Lkw umgeladen werden. Problematisch seien alle drei Alternativen - organisatorisch oder von der Kapazität her. Und die Transportkosten sind bei einem kaum beladenen Schiff dieselben wie bei einem voll beladenen Frachter. "Wir verdienen mit unserem Binnenschiff momentan kein Geld, sondern legen drauf", sagt Am Zehnhoff-Söns.

Wirtschaftliche Auswirkungen hat die monatelange Trockenheit auch rheinabwärts. So ist es derzeit ungewohnt ruhig am Rheinufer vor der Shell-Raffinerie in Wesseling. Der Hafen in diesem Werksteil werde von den Schiffern wegen des niedrigen Pegels aus Sicherheitsgründen bereits seit mehreren Tagen nicht mehr angefahren, teilte Shell mit. Auch der Hafen in Godorf habe den kritischen Pegelstand erreicht.

Evonik hat Produktion zurückgefahren

Das Niedrigwasser kommt zur Unzeit. Eine starke Nachfrage nach Treibstoff trifft auf ein knappes Angebot. Nicht nur der Wasserstand des Rheins ist niedrig, sondern auch der der Ruhr. Dazu kommen Engpässe bei den Kapazitäten auf der Schiene und bei Tanklastwagen. Und bei Raffinerien gibt es Produktionsausfälle aufgrund von sogenannten TÜV-Stillständen oder dem unerwarteten Brand in der Raffinerie in Vohburg.

Shell unternehme alles, um den Markt zu versorgen, etwa durch Nutzung alternativer Versorgungspunkte oder -kanäle, so das Unternehmen. Auszuschließen ist aber nicht, dass es an einer Tankstelle auch mal kein Benzin gibt, heißt es in der Branche. Auch kletterten die Preise. Ob die Produktion der Raffinerie in Godorf und Wesseling angepasst werden muss, werde regelmäßig überprüft.

Auf der anderen Rheinseite in Lülsdorf hat Evonik die Produktion schon zurückgefahren. Produktionsstillstände seien zwar nicht in Sicht, sagte Sprecher Jörg Wagner. Das Niedrigwasser stelle aber eine Herausforderung für die Logistiker dar. Es werden mehr Schiffe benötigt, weil die nicht so viel laden können. Fracht wird auf die Schiene und auf Lkw verlagert. Das bedeute höheren Aufwand und auch höhere Kosten, so Wagner.

Ab Mitte der Woche soll es regnen

800 Tonnen Salz etwa könnten Schiffe, die die Kölner Häfen ansteuern, normalerweise laden, berichtet Christian Lorenz, Pressesprecher der Häfen und Güterverkehr Köln. Vergangene Woche waren es noch 600 Tonnen, aktuell nur noch 300 Tonnen. Das Salz kommt oft aus dem Süden, und ausgerechnet zwischen Bingen und St. Goar ist ein Nadelöhr mit besonders niedrigen Wasserständen.

Mehr Schiffe, Verlagerung auf Schiene und Straße - das sind auch die Mittel, zu denen Currenta greift. Das Unternehmen betreibt die Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen, in denen etwa Bayer, Covestro, Lanxess, oder Ineos produzieren. Über den Rhein kommt vor allem Massengut wie Kohle für das Kraftwerk in Leverkusen, Salz für die Chlorproduktion und das Leichtbenzin Naphta für die Petrochemie in die Werke. Nach wie vor gebe es in der Produktion noch wenig bis gar keine Einschränkungen, so Currenta-Sprecher Mauritz Faenger-Montag.

Die Unternehmen im Chempark beobachten die Entwicklung sehr genau und passen laufend die Prozesse an. Wenn der Rheinpegel weiter falle, könnte es aber Probleme geben, so Lanxess-Sprecher Frank Grodzki. Dann müssten weitere Maßnahmen getroffen werden, sagt auch Faenger-Montag. Im Moment sei man aber entspannt. Schließlich soll es ab Mitte der Woche regnen.

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