Kritik an den Baugrenzen Neue Irritationen um Nordfeld

BONN · Irritationen in letzter Sekunde hatten schon in der nicht-öffentlichen Sitzung des Stadtrates dazu geführt, dass eine Reihe von Stadtverordneten der Grünen dem Zuschlag des sogenannten Nordfelds an "die Developer" ihre Stimme verweigerten. Der Grund: Die von der Verwaltung bisher immer als "geringfügig" bezeichneten Überschreitungen der Baugrenzen sind weit größer als erwartet.

Der Neubau zwischen Am Hauptbahnhof, Bonner Loch und Thomas-Mann-Straße wird um zwei bis vier Meter über diese Grenzen hinwegragen - in den als Bahnhofsvorplatz konzipierten Raum zwischen der jetzigen Südüberbauung und "Urban Soul".

Der Abstand zwischen den beiden Gebäuden beträgt dann zur Poststraße hin nur noch 17 Meter, wie die Stadtverwaltung auf GA-Anfrage einräumt. Aber der Platz weite sich ja dann in Richtung Hauptbahnhof auf rund 24 Meter aus, so der stellvertretende Pressesprecher der Stadt Marc Hoffmann. Wenn die Südüberbauung abgerissen würde, entstehe dort dann so etwas wie ein Trichter.

Ob der Platz bei der heutigen Situation dann noch die Größe von 400 Quadratmetern haben wird, wie eigentlich in der Ausschreibung vorgegeben, ist indes mehr als fraglich. Hingegen würde die Überschreitung der Baugrenze nicht dazu führen, dass das neue Gebäude in die Blickachse von der Poststraße zum Hauptbahnhof hineinragt, beteuert Hoffmann. Die Linie werde sich "in Fortsetzung der bestehenden Gebäude der Poststraße" darstellen. "Damit gibt es keine Einkragung in die Blickachse, die sich aus der Poststraße in Richtung Bahnhof auf der rechten Seite ergibt", heißt es.

Während sich SPD-Fraktionschef Ernesto Harder darüber freute, dass "am so wichtigen Eingangstor zu unserer schönen Innenstadt nun endlich etwas Neues entsteht", hatten die Grünen eher Bedenken. Und dabei ging es nicht nur um solch kleine Detailfragen wie die, ob denn dann überhaupt noch genügend Platz für Fahrradabstellanlagen vorhanden wären.

Hartwig Lohmeyer etwa, planungspolitischer Sprecher der Grünen, hatte "leichte Bauchschmerzen", ob diese nicht gerade kleine Überschreitung nicht formale Konsequenzen haben könnte. Immerhin, so Lohmeyer, hatte ein kleiner formaler Fehler zu einem Prozess mit dem fünften Bieter, der Ten Brinke Group, geführt - die vor dem Oberverwaltungsgericht Recht bekam und ins Bieterverfahren aufgenommen werden musste. "Wir müssen da schon sehr genau sein, weil die Mitbewerber sicher auf jeden Formfehler achten werden", so der Grüne.

Nach GA-Informationen hatte schon eine Formulierung der Koalition in einer Pressemitteilung zu Irritationen bei Mitbewerbern geführt. Darin hatte sie angekündigt, im Stadtrat einen "Bewertungspunkt geringfügig ändern" zu wollen. Gemutmaßt wurde, dass der Rat die komplizierte Bewertungsmatrix, die in der Ausschreibung sehr detailliert festgelegt ist, nachträglich ändern wollte. Dabei hatte sich der Rat in nicht-öffentlicher Sitzung in einem Punkt lediglich nicht dem Juryurteil angeschlossen - und darin ist der Rat tatsächlich frei. Er muss der Jury nicht bedingungslos folgen.

Enttäuscht und "etwas deprimiert" zeigte sich gestern Günter Bergerhoff vom Verein Pro Bahnhofsvorplatz: "Der Platz war immer ein wichtiger Aspekt in den Diskussionen der Bürgerschaft. Und diese Frage haben wir immer wieder kritisch gestellt", so Bergerhoff. "Wir stellen fest, dass unsere Wünsche auf jeden Fall nicht erfüllt werden." Dass nun eine kleine Piazza an der Maximilianstraße in Richtung Thomas-Mann-Straße hin entstehen soll, zeige ihm, "dass die Planer keine Ahnung von Bonn haben". Von den "Developern" war trotz mehrerer Anrufe keine Stellungnahme zu bekommen.Was sind die nächsten Schritte?

Was sind die nächsten Schritte?

Wie geht es weiter? Jetzt, nachdem der Stadtrat grünes Licht gegeben hat, werden nächste Woche zwar nicht die ersten Bagger anrollen, aber es kommt zu den entscheidenden Gesprächen zwischen Verwaltung und Investor. "Zunächst schließt sich eine Feinabstimmung eines umfassenden Vertragswerkes an den Abschluss des Vergabeverfahrens an", so Marc Hoffmann vom Presseamt.

Wie bekannt, gebe es mit der Bebauung des Nordfeldes nun auch das konkrete Bedürfnis, mit der Nachbarschaft, die die Ziele der Stadt zwar grundsätzlich kennt, ins Detail zu gehen. Hoffmann nennt ein Beispiel: Jeder Bieter hat eine etwas andere Einbindung der vorhandenen Ladenlokale im Bonner Loch vorgesehen. Das Thema müsse nun mit dem jeweils Berechtigten vertieft werden.

Auch die "Berührungspunkte" mit den Eignern der Südüberbauung sind abzustimmen. Das allein schon dürfte nicht ganz einfach sein. Die sich daraus ableitenden Ergebnisse finden Widerhall in der Vertragsgestaltung mit der Stadt. "Sie wird sicher den Bieter und die Stadt noch ein halbes Jahr beschäftigen", schätzt Hoffmann.

Ein großes Paket könnten etwa Brandschutzanforderungen sein. Hoffmann: "Grundsätzlich ist die Planung wie im Wettbewerb dargestellt auch umzusetzen, was aber nicht ausschließt, dass Veränderungen erforderlich werden können. Dazu mag auch die Fasssadengestaltung gehören, sofern sich das im Genehmigungsverfahren als erforderlich abzeichnet." Wenn alle Fragen geklärt sind, kommt es zur notariellen Vertragsunterschrift

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