Infizierte Bäume in Bonn Neue Gefahr für die Kastanien

BONN · Seit Jahren setzt der Kastanie die Kastanienminiermotte zu. Sie führt zur Vertrocknung und Blattverlust schon ab Mitte Juli. Mit Hilfe von Laubsammlungen versucht die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), den Vermehrungszyklus der Schädlinge zu unterbrechen.

 Bei einer Kastanie an der Baumschulallee vertrocknen die Blätter wegen der Miniermotte schon früh.

Bei einer Kastanie an der Baumschulallee vertrocknen die Blätter wegen der Miniermotte schon früh.

Foto: Krömer-Butz

"Jetzt gibt es eine weitere Hiobsbotschaft für den beliebten Baum", teilt Sabine Krömer-Butz mit - ein Bakterium setzt den Kastanien zu. "Das Bakterium namens Pseudomonas syringae wurde 2007 erstmals in Deutschland entdeckt", so die SDW-Pressereferentin. "Experten gehen davon aus, dass die meisten Kastanien in Deutschland mit dem Bakterium infiziert sind." Während die Miniermotte die Kastanien nur schwäche, führe das gefräßige Bakterium sogar zum Absterben der Bäume.

Die befallenen Rosskastanien zeigen kleine blutende Stellen vom Stamm bis zur Krone und an Hauptästen, ein teilweises Absterben der Kronen sowie eine dunkelbraune bis schwarze Verfärbung unter der Rinde. "Auch Stamm- und Astrisse bis zu mehreren Metern oder eine Laubaufhellung weisen auf einen Befall hin", sagt Krömer-Butz. Besonders betroffen sind bisher die Bäume in Nordrhein-Westfalen, besonders die am Niederrhein. In Krefeld mussten bereits 454 kranke Kastanien gefällt werden, auch Duisburg und Viersen haben Ausfälle zu beklagen.

Wie es genau in Bonn aussieht, gibt es unter Experten verschiedene Ansichten. Zum einen sagt laut SDW das Institut für Baumpflege, dass im Prinzip alles Kastanien infiziert sind, der Schaden aber noch nicht sichtbar sei. Die Landwirtschaftskammer hält dagegen, dass das alles noch nicht umfassend untersucht sei, weil bisher nur Stichproben an jedem hundertsten Baum gemacht wurden, so die Schutzgemeinschaft. "Jüngste Hiobsbotschaft: Die prächtige Kastanienallee am Düsseldorfer Schloss Heltorf, einem beliebtem Ausflugsziel, scheint nicht mehr zu retten zu sein", ergänzt Krömer-Butz.

Experten sagen, dass man gegen den Befall nicht viel tun könne. Es gebe noch keine Gegenmittel. Nach einem gewissen Stillstand hat sich der Befall im vergangenen Jahr wieder beschleunigt, weiß die SDW. Wie das Bakterium sich ausbreitet, ob durch Insekten oder Vögel, sei noch unklar. Einiges spreche für den Wind. Allerdings fehle das Geld für eine intensivere Forschung. "Es ist wirtschaftlich nicht entscheidend, ob die Kastanien sterben", sagt der Wissenschaftler Oliver Gaiser vom Hamburger Institut für Baumpflege und glaubt nicht an Finanzspritzen für die Erforschung von Gegenmitteln.

Damit die Kastanien die neue Gefahr überleben können, "muss man versuchen, ideale Rahmenbedingungen für die Bäume zu schaffen und Stresssituationen zu vermeiden", sagt Krömer-Butz. Kastanien würden gut durchlüftete Böden mit hohem Humusgehalt und einem pH-Wert zwischen 6,0 und 8,0. Bedingungen lieben, der aber in Städten oft nicht gegeben sei. "Hier liegt eine große Herausforderung für das Grünmanagement der Städte, damit in Zukunft nicht alle Kastanien aus dem Stadtbild verschwinden", sagt SDW-Bundesgeschäftsführer Christoph Rullmann.

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