Polizei in Bonn warnt Neue Betrugsmaschen am Telefon

Bonn · Zuletzt alarmierte eine Bonnerin die Polizei, weil sie von einer schluchzenden Frau angerufen worden war. Wie sich herausstellte, war die Auslandsnummer der Anruferin fingiert und der Rückruf teuer.

 Mit fingierten Rufnummern kommen Trickbetrüger oft ans Ziel - auch in Bonn.

Mit fingierten Rufnummern kommen Trickbetrüger oft ans Ziel - auch in Bonn.

Foto: dpa

Es klingelt, im Display steht die Nummer +22569880997, und Judith Olek nimmt das Gespräch auf ihrem Handy entgegen. Dass der Anruf aus dem Ausland kommt, merkt sie nicht. Am anderen Ende der Leitung schluchzt eine Frau. „Sie konnte nicht sprechen, so weinte sie“, berichtet Olek. Sie legt auf – und informiert die Polizei.

Dort stellt sich heraus: Die Nummer ist den Ermittlern bekannt. Es war ein Anruf, der bei Rückruf Geld kostet. Doch die Telefonabzocker lassen sich immer neue Maschen einfallen. Zuletzt gaben sie sich in Bonn als Polizisten oder Zollmitarbeiter aus. Die Behörden wiederum warnen mit Informationskampagnen und wollen den Betrügern mit neuen Aufklärungsmethoden auf die Schliche kommen.

„Solche Telefonabzocken registrieren wir immer phasenweise“, sagt Robert Schalten, Sprecher der Bonner Polizei. Seit Anfang des Jahres gebe es wieder eine solche Welle. Im Februar waren es zwölf Fälle, von denen zwei erfolgreich waren. „Die Betrüger brachten die Opfer um Beträge im fünfstelligen Bereich.“ Scholten weiß auch, dass solche Situationen für die Betroffenen „sehr peinlich“ sind. Deswegen gilt das Dunkelfeld bei Telefonabzocke als kaum einschätzbar. 2016 wurden bei der Bonner Polizei in 266 Fällen Anzeige erstattet, 233 Fälle blieben im Versuch stecken.

Die häufigste Masche ist die, bei der die Angerufenen mit einem fingierten Notfall unter Druck gesetzt werden. „Das kann der Verkehrsunfall eines Verwandten sein, der dringend Geld benötigt“, sagt Scholten. Die Liste ist lang: der mittlerweile vielen bekannte Enkeltrick; ein Gewinnversprechen, das gegen eine Gebühr eingelöst werden soll; eine kostenpflichtige Hotline, die man anrufen soll. Seit Neuestem geben sich Betrüger als Polizisten aus, um Vertrauen zu schaffen. „Dann steht die Nummer 110 im Display“, so Scholten. Diese neue technische Methode, bei der Telefonnummern vorgetäuscht werden, nennt sich ID-Spoofing. „Man kann sich nur mit Misstrauen schützen“, sagt Scholten. Eine einfache Regel: Die Polizei ruft nie unter der 110 an. Nutzen Betrüger echte Rufnummern mit Bonner Vorwahl, kann man sie meist durch einen Rückruf entlarven. „Am sichersten ist es aber, schon beim geringsten Verdacht die Nummer zu notieren und die echte Polizei zu informieren“, rät Scholten.

Auch der Zoll hat derzeit mit ID-Spoofing und Identitätsklau zu kämpfen. Demnach gehen bei Bürgern Anrufe ein, die Informationen zu angeblich laufenden Vollstreckungsverfahren verlangen. „Die Ansage vermittelt den Eindruck, dass es sich um einen offiziellen Anruf handelt“, sagt Britta Miltner vom Zoll. Bisher könne man nur erahnen, dass die gewonnenen Informationen für Geldzahlungen genutzt werden sollen. „Wir raten, solche Gespräche umgehend zu beenden.“

Bei einer weiteren Betrugsmasche werden mit einem gefälschten Schreiben Lagergebühren für zwei Schrankkoffer angefordert, die angeblich am Flughafen Berlin-Brandenburg lagern. „Im Kopf des Schreibens und als Wasserzeichen wird das Logo des deutschen Zolls verwendet, das Amtssiegel ist gefälscht.“ Für die Ermittler ist es schwer, die Täter zu schnappen. Von den 266 Fällen im vergangenen Jahr konnten in Bonn nur elf aufgeklärt werden. „Wir können die Anrufe meist nicht zurückverfolgen“, sagt Scholten. Ermittlungen hätten gezeigt, dass hinter den Telefonabzocken häufig Banden aus Osteuropa stecken würden. „Dort fällt es offenbar leichter, unerkannt zu bleiben. Die Rechtshilfe über die Ländergrenzen hinweg ist schwierig.“

Um trotzdem reagieren zu können, haben die Bonner die Sachbearbeitung von Betrugsversuchen zentralisiert. „Wir kooperieren auch eng mit den anderen Behörden in Deutschland. Wenn etwas passiert, kriegen wir das mit“, erklärt Scholten. So könnten schnell neue Muster erkannt und die Bevölkerung gewarnt werden. „Gesundes Misstrauen“ wie bei Judith Olek sei der beste Schutz.

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