Interview zur Bonner Abfallentsorgung MVA-Chef Becker: „Wir vermarkten wertvolle Metalle in Eigenregie“

MVA-Geschäftsführer Manfred Becker Abfall und Verwertung sind das Metier von Manfred Becker. Er erzählt, warum er auf die Vorteile der kommunalen Zusammenarbeit in der Abfallentsorgung schwört.

 Das bleibt am Ende übrig: Manfred Becker zeigt die Müllschlacke, die auf der Deponie nebenan ihre letzte Bestimmung findet.

Das bleibt am Ende übrig: Manfred Becker zeigt die Müllschlacke, die auf der Deponie nebenan ihre letzte Bestimmung findet.

Foto: Rolf Kleinfeld

Warum müssen die verbrannten Reste des Bonner Hausmülls bis ins Oberbergische gebracht werden? Wäre die Weiterbehandlung nicht auch in Bonn möglich?

Becker: Wir haben zunächst auch darüber nachgedacht, in Bonn einen Standort für die Schlackeaufbereitung zu suchen. Das haben wir aufgrund der zu erwartenden Staubentwicklung im Bonner Stadtgebiet verworfen.

Warum wird das Material seit Januar an anderer Stelle als bisher verwertet?

Becker: Früher haben wir die Schlacke einem privaten Entsorger übergeben, der sie zur Weiterbehandlung nach Krefeld brachte. Mit Auslaufen des Vertrages haben wir entschieden, diese Aufgabe wieder in kommunale Hände zu nehmen. Mit der AVEA, dem kommunalen Entsorger aus Leverkusen, haben wir dafür gemeinsam die Gesellschaft „refer“ gegründet.

Was ist besser daran, wenn die Kommune das selbst macht?

Becker: Es ist kostengünstiger als vorher, weil die bestehende Aufbereitungsanlage von Bonn und Leverkusen nun gemeinsam genutzt wird. Und wir vermarkten die wertvollen Metalle aus dem Müll jetzt in Eigenregie. Das ist „urban mining“ im Interesse der Bürger.

Kommunal ist günstiger als privat?

Becker: Entscheidend ist die Kooperation. Die Vorteile entstehen, wenn Kommunen in der Abfallwirtschaft zusammenarbeiten und bestehende Anlagen gemeinsam auslasten. Das schafft Synergien. Innerhalb der Rheinischen-Entsorgungs-Kooperation (REK) stellt Bonn zum Beispiel die Müllverwertungsanlage, und der Rhein-Sieg-Kreis betreibt Sortieranlagen für Sperrmüll, Papier und Biomüll und leistet Aufbereitung von Deponiesickerwasser. Ähnlich sieht das Zusammenwirken mit den anderen Zweckverbandsmitgliedern aus. Das ist für alle Seiten eine günstige Lösung.

Bonns MVA hat in ihren Anfangsjahren Verluste eingefahren, später Gewinne bis zu acht Millionen Euro pro Jahr. Wie sieht es derzeit aus?

Becker: Wir haben in den vergangenen Jahren sehr hart an unserer Kostenstruktur gearbeitet. So konnten wir die Verbrennungspreise für Siedlungsabfall von rund 184 auf jetzt 125 Euro pro 1000 Kilogramm senken. Eine deutliche Entlastung für den Gebührenhaushalt. Gleichzeitig erwirtschaften wir auch heute noch einen angemessenen Gewinn, der an die kommunalen Eigentümer ausgeschüttet wird.

Wirkt sich das auf die Abfallgebühren jedes einzelnen Bürgers aus?

Becker: Ja, denn der Verbrennungspreis fließt in die Berechnung der kommunalen Müllgebühren ein, ebenso wie andere Kosten, die bei Bonnorange anfallen. Zum Beispiel das Leeren der Mülltonnen, die Sperrmüll- oder Papierabholung und das Verarbeiten von Biomüll. Gerade erst sind in Bonn die Müllgebühren wieder gesenkt worden. Dazu hat die MVA einen spürbaren Beitrag geleistet.

Die MVA kann nicht alle Stoffe verbrennen, man denke da beispielsweise an das giftige Quecksilber, das nicht angenommen wird. Gibt es weitere Stoffe, mit denen die Anlage Probleme hat?

Becker: Ja, wir verweigern zum Beispiel auch die Annahme größerer Chargen Carbon. Carbonfasern sind ein beliebtes Material für die Herstellung von Fahrrädern, Tennisschlägern oder in der Autoindustrie. Sie sind sehr stabil, leicht und extrem hitzebeständig. Deshalb ist aber auch die Entsorgung sehr schwierig. Industrie und Abfallwirtschaft haben da noch keine wirklich gute Lösung gefunden.

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