Industriemuseum webt an historischen Maschinen Moderne Mäntel aus alten Stoffen
BONN · Auf den Kleiderständern hängen moderne Mäntel und Sakkos. Das Besondere erkennt der Laie erst auf den zweiten Blick, am Herkunftsnachweis an der Innentasche. Der Stoff nämlich stammt aus der historischen Tuchfabrik Müller in Euskirchen und wurde auf über 100 Jahre alten Maschinen gewebt. Ein Kulturdenkmal wird lebendig bewahrt.
"Nach fast 40 Jahren haben wir die Fabrik aus dem Dornröschenschlaf geholt", sagte Detlef Stender, Leiter des LVR-Industriemuseums in Euskirchen. 1961 war die Tuchfabrik stillgelegt worden, doch im Innern blieb die Zeit stehen. Die Maschinen stammen noch aus der Zeit der Jahrhundertwende.
In der Region Aachen/Eifel war das Wolltuch früher sehr verbreitet. "Dieses Kulturgut wollten wir erhalten", erklärte Stender. Webmeister Günter Beckers pflegt und bedient die Webstühle zusammen mit zwei Kollegen. Alleine das Auffädeln der ersten Garnkette dauert rund 20 Stunden, moderne Maschinen brauchen dafür keine Stunde. Durch langsames Weben entsteht ein besonders widerstandsfähiger Stoff.
Zunächst wurden nur Decken, Schals und Mützen hergestellt, doch schon bald meldete sich Herrenausstatter Thorsten Loeb beim Museumsträger. Er kreierte aus dem Müllertuch eine eigene Kollektion für sein Geschäft. Seine Begeisterung konnte er an Eckhardt Ringen, Leiter der Bonner Robert Ley-Filiale, weitergeben. Zusammen haben sie eine neue Kollektion entworfen, die im Museumsshop und in der Bonner Brüdergasse erhältlich ist.
60 Sakkos und 50 Mäntel wurden aus dem Museumstuch geschneidert. "Jedes Stück hat eine Geschichte und ist ein Unikat", sagt Ringen. Für kommendes Jahr ist eine neue Kollektion geplant, "das Garn ist schon bestellt", bestätigt Webmeister Beckers. Interessierte können sich die Verarbeitung täglich im Industriemuseum Euskirchen-Kuchenheim zeigen lassen.
