ADAC-Geschäftsstelle in Bonn Mitglieder und Mitarbeiter trennen Skandale und Service für Autofahrer

BONN · Gefälschte Auto-Bewertungen, verzerrte Pannenstatistiken, Privatflüge mit Rettungshubschraubern: Wer weiß, was noch über den Allgemeinen Deutschen Automobil Club (ADAC) ans Tageslicht kommt. So etwas, meint man, muss Spuren bei den Mitgliedern und Mitarbeitern hinterlassen. Die Stimmung in Bonn ist aber - so scheint es - gelassen.

"Heute Morgen war jemand hier, der meinte, hoffentlich lassen die euch wenigstens in Ruhe", sagte Gerda Juchem, ADAC-Mitarbeiterin in der Bonner Geschäftsstelle an der Godesberger Allee. Dort bekomme man mehr Zuspruch denn je. "Wir haben in der letzten Woche auch Mitgliederneuaufnahmen gehabt." Man werde ja Mitglied vor allem wegen der Pannenhilfe, des kostenlosen Kartenmaterials und der Serviceleistungen, und all das gebe es weiterhin.

In der Filiale herrscht also entspannte Stimmung. "Ich identifiziere mich nicht mit dem, was da passiert ist", sagte Juchem. Er sei natürlich überrascht gewesen, davon zu hören, meinte ihr Kollege Maximilian König. Aber der Skandal finde ja nicht auf der Ebene statt, auf der in der Geschäftsstelle gearbeitet werde. "Wir sind ja hier mit den Mitgliedern auf Augenhöhe."

Sie sei seit zehn Jahren im Verein wegen des Pannendienstes, sagte eine 77-Jährige in der Filiale. "Nachdem ich mal auf der Autobahn liegen geblieben bin, bin ich Mitglied geworden und habe mir ein Handy gekauft." Das Vertrauen sei natürlich belastet nach den Skandalen. Aber man müsse auch trennen: Die Pannenhilfe habe mit den Skandalen nichts zu tun, findet die Frau.

Fehler seien passiert, das sei nicht von der Hand zu weisen, sagte Pressesprecherin Jacqueline Grünewald vom ADAC Nordrhein in Köln. Das Präsidium müsse jetzt den Blick nach innen richten, um den Vorwürfen nachzugehen und die Vorfälle aufzuarbeiten. Bei den Kunden spiele das aber kaum eine Rolle. Zwar hätten Mitglieder angerufen und ihren Unmut geäußert. "Es gab auch schon Kündigungen", so Grünewald. Aber der Zuspruch überwiege, auch bei den Pannenhelfern vor Ort.

Bei den beiden ADAC-Abschleppdiensten in Bonn gibt es dafür weder Bestätigung noch Widerspruch. Ein Mitarbeiter bei Auto Cuvenhaus in Beuel sagte, er habe nicht beobachtet, dass die Kollegen seit letzter Woche seltener oder öfter ausrücken würden. Laut Niederlassungsleiter Peter Kuck hat man aber Anweisung, sich zu diesem Thema nicht zu äußern, sondern an die Pressestelle zu verweisen. Gleiches war von Autohaus Becker in Bonn zu hören. Ganz so gelassen ist man beim ADAC also doch nicht.

Und was sagen die Mitglieder? Manfred Krahe berichtet von befreundeten ADAC-Mitarbeitern: "Die müssen sich jetzt rechtfertigen." Er selber sehe keinen Grund auszutreten - er sei wegen der Pannenhilfe Mitglied geworden und habe bereits zwei Mal darauf vertrauen können. Aber es gibt auch andere Meinungen: "Das mit den Rettungshubschraubern ist mir egal", meinte Mitglied Michael Stodollik.

"Was nicht egal ist, was den ADAC eigentlich ausmacht, ist seine Zuverlässigkeit, die jetzt nicht mehr gegeben ist." Er werde sich überlegen, ob er im Verein bleibt. "Pannenhilfe bekomme ich auch über meinen Autohersteller, die Krankenversicherung brauche ich nicht." Aber die Reiserückholversicherung sei eben doch praktisch.

Jürgen Materla sagte, er sei schon vor drei Jahren ausgetreten. "Am Ende war es zu teuer. Die Pannenhilfe habe ich zu selten in Anspruch genommen." Sein Auto habe er auch verkauft, er nutze das Car-Sharing der Deutschen Bahn in Bonn. Außerdem müsse man sich wieder mehr gegenseitig helfen. Als er einmal einen Platten hatte und nur einen Kreuzschlüssel brauchte, habe er jemanden herangewunken. Dafür brauche er den ADAC nicht. Wäre er noch Mitglied, würde er spätestens jetzt überlegen, auszutreten, sagte Jürgen Materla.

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