Patientenkolloquium "Mit Inkontinenz muss man nicht leben"

BONN · Beim Patientenkolloquium der Uniklinik informierten Mediziner über Therapieformen bei Darm- und Blasenschwäche.

Schnell mal einen Kaffee unterwegs trinken, im Restaurant etwas Deftiges bestellen: Für rund acht Millionen Menschen in Deutschland geht das nicht. Denn sie leiden unter Inkontinenz. Wenn Darm und Blasen schwächeln, bedeutet das eine enorme Einschränkung der Lebensqualität. Trotzdem ist das Thema tabu.

"Blasenschwäche sollte auch im Alter nicht als normales Problem wahrgenommen werden", fordert Ruth Kirschner-Hermanns, Urologin und Leiterin des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums an der Bonner Uniklinik. Denn: "Alle Inkontinenzformen sind behandelbar." Dafür sei allerdings immer ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Arzt wichtig.

"Eine exakte Diagnose ist entscheidend." Deshalb drehte sich beim Patientenkolloquium der Uniklinik jetzt alles um dieses oft totgeschwiegene Problem. Kirschner-Hermanns und Urologin Sigrid Tapken informierte über Diagnosen, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

Mit "dem Einhalten" haben jedoch nicht nur ältere Menschen Schwierigkeiten, sondern auch Kinder und Frauen nach schwieriger Schwangerschaft oder Entbindung. Etwa sechs Millionen Menschen ab 60 Jahren sind von der Funktionsstörung betroffen, die sich mittlerweile zur Volkskrankheit entwickelt hat.

Die Medizin unterscheidet zwischen zwei Formen: der Belastungs- und der Dranginkontinenz. Während der Muskel im ersten Fall beim Husten, Niesen, Lachen oder Heben versagt, verspüren Patienten mit Dranginkontinenz einen plötzlichen, nicht kontrollierbaren Druck. Bei Kindern sind oft Reifestörungen dafür verantwortlich, bei Erwachsenen können es Infektionen, anatomische oder psychosomatische Gründe sein.

Was gut fürs Gesicht ist, das ist auch gut für die Blase

Aber: "Die Blase wird vom Gehirn gesteuert. Deshalb gibt es keine einheitliche Lösung. Nur ein ganzheitlicher Ansatz verspricht Besserung", so Ruth Kirschner-Hermanns; "Blase und Darm gehören zusammen." In einigen Fällen sei eine Diagnose nur in Zusammenarbeit vieler Fachärzte möglich. "Oft können nur Neurologen, Gynäkologen, Internisten, Kinderärzte und Proktologen gemeinsam mit dem Urologen die Ursache für das Problem ausmachen."

Steht die Diagnose, kann mit der Therapie begonnen werden. "Eine Kombination von Training und Medikamenten hilft in den meisten Fällen", weiß die Ärztin. "Durch ständige Beckenbodenübungen kann man schon viel bewirken." Nur in einigen Fällen sei ein chirurgischer Eingriff nötig.

Was gut fürs Gesicht ist, das ist offenbar auch gut für die Blase: An der Uniklinik werden die sensiblen Nervenzellen des Organs mit Botox behandelt. Allerdings muss hier wie in der Schönheitsbehandlung alle acht bis neun Monate nachgespritzt werden. "Das ist allerdings ein kleiner Eingriff", beruhigt die Medizinerin. "Wenn zwischen diesen Behandlungen ein intensives Training gemacht wird, dann erzielen wir in 80 bis 90 Prozent der Fälle einen Erfolg."

Wie viele unter dem Problem leiden, zeigte ihr ein Blick in die Runde. Lange vor Beginn des Kolloquiums war der Hörsaal überfüllt, viele saßen auf den Treppen. "Mit Inkontinenz muss man nicht leben. Es gibt viele sinnvolle Therapieansätze. Dafür muss man jedoch erst einmal den Mut haben, über das Thema zu sprechen", so Ruth Kirschner-Hermanns.

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