Stadtwerke vergeben Werberechte in Bonn Millionenschwerer Vertrag hinter geschlossenen Türen

Bonn · Der Stadtrat trifft am Donnerstag hinter verschlossenen Türen eine millionenschwere Entscheidung, mit der die Werberechte an Straßen, Plätzen und Haltestellen in Bonn für 15 Jahre vergeben werden sollen.

Der Vertrag, den Oberbürgermeister Ashok Sridharan vorschlägt, ist politisch umstritten. Denn die Stadt wird offenbar deutlich weniger Geld einnehmen, als sie im eigenen Haushalt eingeplant hat. Seit Februar läuft die europaweite Ausschreibung.

Das Besondere: Die Federführung liegt bei den Stadtwerken Bonn (SWB), die bisher nur die Werberechte an ihren Haltestellen und Fahrgastunterständen selbst vergeben hatten. Jetzt soll das kommunale Unternehmen aus einer Hand auch den Vertrag für alle städtischen Flächen abschließen und das Konzessionsentgelt an die Stadt abführen.

Bislang zahlt die Ströer-Gruppe für die exklusiven Werberechte an Straßen und Plätzen (ohne Haltestellen) rund eine Million Euro im Jahr. Die Neuausschreibung sollte eigentlich ab 1. Januar 1,25 Millionen Euro jährlich bringen, doch dieser Betrag scheint nicht erzielbar zu sein. Das Angebot, das SWB und Stadtverwaltung favorisieren, liegt deutlich niedriger.

Zusätzlich zum Entgelt soll die Stadt kostenfreie Werbekontingente auf den Reklametafeln erhalten. Dass der Zuschlag an den bisherigen Lizenznehmer Ströer gehen dürfte – einen von zwei deutschen Branchenriesen – ist eine naheliegende Vermutung.

Städtisches Zonenkonzept als Grundlage

Grundlage ist ein städtisches Zonenkonzept, dem der Rat bereits zugestimmt hat. Das erlaubt an definierten Orten in Bonn bestimmte Arten von Werbeträgern (siehe Grafik): 45 Großformate (25 Mega-Lights und 20 Premium-Billboards), 215 City-Lightposter und -säulen sowie 100 Litfaßsäulen.

Der SWB-Favorit will allerdings auch außerhalb der definierten Zonen Werbeträger aufstellen, wie aus Ratskreisen zu hören ist. Über diese Ausnahmen sollen die Kommunalpolitiker später im Einzelfall abstimmen. Lehnen sie ab, kann die Firma offenbar über eine Kürzung des Jahresentgeltes verhandeln.

Die zuständigen Ausschüsse des Stadtrats und die Bezirksvertretungen hat Sridharans Beschlussvorlage schon passiert. Kritik kommt aber aus der Opposition. „Die Stadt akzeptiert mit diesem Vertrag zu viele und vor allem aggressivere Werbeanlagen auf ihren öffentlichen Flächen“, bemängelt Holger Schmidt (Linkenfraktion). „Es werden zwar Druckplakate verschwinden, dafür kommen aber deutlich mehr beleuchtete, wechselnde und digitale Anlagen ins Stadtbild.“ Schmidt sorgt sich zudem um das Aussehen der farbenfrohen Bonner U-Bahnhöfe aus den 1970er Jahren, in denen digitale Reklametafeln vorgesehen seien.

„Das Ergebnis der Ausschreibung ist vor dem Hintergrund der erwarteten Einnahmen ebenso enttäuschend wie die vorgeschlagene teilweise Aufgabe des Zonenkonzeptes“, sagt auch Marcel Schmitt, Fraktionsvorsitzender des Bürger Bundes Bonn. Damit würden künftig noch mehr digitale Großleinwände zum Beispiel an der B 9 stehen.

Ganz anders sieht das die FDP. „Der Vorschlag ist eine gute Lösung“, erklärt deren wirtschaftspolitischer Sprecher Achim Schröder. Das Stadtbild werde nicht über Gebühr beeinträchtigt. „Wichtig ist uns, dass die Bezirksvertretungen bei den konkreten Standorten ein Mitspracherecht haben werden.“ Koalitionspartner CDU wollte mit Hinweis auf das laufende Vergabeverfahren keine Stellung beziehen. Die Grünen reagierten nicht auf eine GA-Anfrage. So richtig glücklich mit dem neuen Vertrag ist auch Dieter Schaper nicht, der für die SPD im Wirtschaftsausschuss sitzt. „Wir standen wieder derart unter Zeitdruck, dass wir nur noch durchwinken konnten“, ärgert sich der Kommunalpolitiker.

Bisheriger Vertrag läuft zum Jahresende ab

In der Tat handelt es sich um eine Dringlichkeitsvorlage, weil der bisherige Vertrag zum Jahresende ausläuft – nach 20 Jahren. Ursprünglich hatte ihn Bonn mit der Deutsche Städte-Medien GmbH (DSM) abgeschlossen, die später von Ströer übernommen wurde. Schon vor fünf Jahren wäre den Ratspolitikern beinahe die Zeit davongelaufen. Die Verwaltung hatte versäumt, sie auf ein Sonderkündigungsrecht zum 31. Dezember 2011 hinzuweisen. Erst auf Druck des Wirtschaftsausschusses hin nutzte die Stadt diese Klausel, um Ströer ein höheres Jahresentgelt abzuringen.

Ströer äußert sich zur aktuellen Ausschreibung nicht, ebenso wenig wie die Stadtwerke. SWB-Sprecher Schui erklärt nur: „Wir können das Vergabeverfahren aus formalen Gründen nicht kommentieren. Eine gemeinsame Ausschreibung der städtischen Werbeflächen harmonisiert die Gestaltung des Stadtbildes und eröffnet wirtschaftliche Vorteile.“

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