"Mentoring4Integration" Mentoren der Deutschen Post helfen Flüchtlingen in den Beruf

Bonn · 60 Mitarbeiter der Deutschen Post/DHL schätzen Fähigkeiten und Neigungen von Flüchtlingen nach persönlichen Gesprächen ein. Ihr Einsatz ist freiwillig.

 Joachim Mohr wünscht seinem Mentee Hanan Hanan nach Abschluss der Betreuung viel Glück für die berufliche Zukunft.

Joachim Mohr wünscht seinem Mentee Hanan Hanan nach Abschluss der Betreuung viel Glück für die berufliche Zukunft.

Foto: Martin Wein

Dumm hat Hanan Hanan sich anscheinend nicht angestellt. Nachdem der junge Syrer sechs Monate lang als Praktikant einem Paketzusteller in Bonn unter die Arme gegriffen hatte, legte sein Chef dem 18-Jährigen eine Anstellung nahe. Nur der Führerschein fehlte. Und Hanan möchte noch besser die deutsche Sprache lernen. Denn in einem Mentoring-Programm ist er sich deutlich klarer über seine berufliche Zukunft geworden. Jetzt hat er ehrgeizige Pläne.

Vor einem Jahr hat Deutsche Post/DHL zusammen mit dem städtischen Robert-Wetzlar-Berufskolleg die ehrenamtliche Betreuung von Flüchtlingen ins Leben gerufen. Rund 150 schulpflichtige Jugendliche mit Migrationshintergrund besuchen dort aktuell eine der sieben internationalen Förderklassen, erklärt Koordinatorin Johanna Sieling. Am Ende steht für die meisten das Sprachniveau A2 und der Hauptschulabschluss nach Klasse 9.

Während das erste Jahr ganz im Zeichen des Spracherwerbs steht, sammeln die jungen Leute im zweiten Jahr zwei Tage in der Woche als Praktikanten erste Berufserfahrungen. „An passende Stellen zu kommen und sich über Perspektiven klar zu werden, ist aber gar nicht so einfach“, sagt Sieling. Und angesichts der schwierigen persönlichen Situation vieler Flüchtlinge fehlten häufig persönliche Ansprechpartner.

Hier ist Joachim Mohr eingesprungen. Schon früher habe er jungen Leuten mit Lernschwierigkeiten beim Schreiben von Bewerbung und Lebenslauf geholfen. Seit Jahrzehnten im Personalwesen für Führungskräfte des Post-Konzerns tätig, kann er das aus dem Effeff. „Mir geht es gut. Mit etwas zusätzlicher Arbeit auch anderen das Leben zu erleichtern, ist doch eine schöne Sache“, findet der Vater zweier Söhne im Berufsschulalter.

Aufwand hält sich in Grenzen

Als einer von 60 Freiwilligen aus dem Konzern wurde Mohr anhand eines Fragebogens mit Hanan zusammengebracht. Drei Monate lang trafen sie sich einmal in der Woche im Posttower. Gemeinsam testeten sie im Internet Hanans berufliche Neigungen und Fähigkeiten. Der Mentor besorgte binnen zwei Tagen das erste Praktikum. Nur die Suche nach einer eigenen Wohnung für Hanan blieb erfolglos. Er hat lediglich ein Zimmer in einem Flüchtlingsheim in Beuel. Auch nach dem Ende des Mentoriats half der Personaler seinem Mentee dann noch, ein neues Praktikum in einer Kfz-Werkstatt zu finden.

„In dieser Zeit ist Hanan viel fröhlicher und offener geworden“, findet seine Lehrerin Johanna Sieling. Wenn er im Sommer den Abschluss schafft, will der Syrer die Berufsfachschule besuchen und wenn möglich sogar das Abitur machen. Apotheker würde er gerne werden. Falls das nicht klappt, eine Ausbildung zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten beginnen. Wenn der Bürgerkrieg einmal endet, möchte er mit dieser Qualifikation zurück in seine Heimat Afrin, wo noch die ganze Familie lebt. „Das bleibt mein Zuhause“, sagt er.

Unter den Schülern der Förderklassen hat sich das Angebot positiv herumgesprochen. Im letzten Durchgang vertröstete Sieling 20 Schüler. „Dabei hält sich der Aufwand zeitlich wirklich in Grenzen. Jeder kann so etwas leisten“, findet Mentor Mohr. Neuerdings engagiert sich auch ein erster Mitarbeiter der Telekom.

Beim aktuellen dritten Durchgang ist Joachim Mohr nicht dabei. Beim letzten Mal hat er einen jungen Mann begleitet, der unter den großen Problemen seiner Familie leidet. „Ein Bruder kann nicht laufen. Der braucht einen Rollstuhl und die Familie eine eigene Wohnung.“ Jetzt versucht Mohr, der ganzen Familie zu helfen. Er glaubt: „Mit ein paar gezielten Anrufen kann man oft schon viel bewirken“.

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