Bonner Franz Firla Mein Schulweg in den 1950er Jahren

Bonn · Der ehemalige Bonner Franz Firla erinnert sich an Begegnungen mit Adenauers Staatskarosse

 Franz Firla 1959 auf Klassenfahrt in Bad Herrenalb.

Franz Firla 1959 auf Klassenfahrt in Bad Herrenalb.

Foto: Privat

"Bismarck, König, Kaiser - fügt man jeweils ,-straße' hinzu, ergibt sich ein Drittel meines Schulweges. Nur der Hofgarten mit Universität unterbrach die Chronologie, ehe sie sich am Arndt-Denkmal am Alten Zoll und schließlich in Gottfried Kinkel als Schulnamen fortsetzte. Die riesige Hofgartenwiese war meine tägliche Augenweide. Zum Rhein hin musste ich die Koblenzer Straße über- und durch das Koblenzer Tor die Uni unterqueren.

Der schönste aller Schulwege wurde noch schöner, wenn ich am Ende der südlichen Hofgartenwiese die Wiesse Müüs herankommen sah, die Motorradeskorte des Mercedes 300, in dem Konrad Adenauer saß. Wenn keine Staatsgäste zu kutschieren oder abzuholen waren, kam er alleine, leicht zu erkennen an den beidseitigen Standarten und der Nummer 0-002.

Da die Kinkel-Realschule und die Freiherr-vom-Stein sich ein Gebäude teilten, hatten wir abwechselnd Vormittags- und Nachmittagsunterricht. Dadurch erhöhte sich die Chance, unseren Bundeskanzler zu sehen, wenn er, von Rhöndorf oder vom Palais Schaumburg die Koblenzer Straße, heute Adenauer-Allee, Richtung Rheinbrücke fuhr, um den Flughafen Wahn zu erreichen. Ich habe ihn oft hinter den Scheiben erkannt und meinte auch, dass er mich wahrgenommen hat. Nicht selten habe ich mir den Spaß erlaubt und ihm zugewinkt. Eines Tages, als es vom Himmel hoch regnete, hielt die Sechszylinder-Staatskarosse, die Beifahrertür ging auf und Herr Klockner, sein Chauffeur, rief mich heran. ,Der Herr Bundeskanzler lässt fragen, ob wir dich ein Stück bis zur Schule mitnehmen können?' Obwohl ich ziemlich erschrak, stieg ich flink ein, und ehe ich noch überlegen konnte, woher Adenauer wohl wusste, in welche Schule ich ging, ging es los. ,Jebense Jas, Herr Klockner', hörte ich Adenauer vom Rücksitz. An der Auffahrt zur Brücke stoppten sie und ließen mich wieder raus.

Mein Schulweg war einen Kilometer lang. Ich kam nie auf die Idee, mich darüber zu beschweren. Mit dem Straßenbahngeld füllte ich lieber mein mageres Taschengeld auf. Einzig die Bahnschranke an der Kaiserstraße nervte. Aber das gehörte zum Bonner Klima, das der Bonner in der Erkenntnis zusammenfasst: ,Entweder et is am Rähne, oder de Schranke sin zo!'"

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