In Bonner Altenheimen Medizinische Versorgung bereitet Probleme

Bonn · Bonner Altenheime haben offenbar Probleme, Spezialisten für Hausbesuche bei kranken Bewohnern zu gewinnen. Ein Beispiel: Als Allgemeinmediziner Michael Küster in einem Seniorenheim vorbeischaute, stand es nicht gut um eine Patientin.

"Sie hatte einen schweren Infekt. Sie hatte Schmerzen und trotz Antibiotika weiterhin Fieber", berichtet der Bad Godesberger Arzt. Er hatte der alten Dame einen Blasenkatheter durch die Harnröhre eingeführt. "Doch jetzt war offensichtlich eine Abklärung der gesamten Harnwege erforderlich."

Er habe für das Verlegen eines speziellen Katheters durch die Bauchdecke plädiert, um gezielt das Infektionsrisiko zu verringern. "Das muss aber der Spezialist machen. Deshalb hat das Heim sofort alle nahen Urologen durchtelefoniert", sagt Küster. Zu seinem Ärger erklärte sich keiner bereit.

Sie hätten ausrichten lassen: "Hausbesuche im Heim machen wir nicht." Und das, obwohl das Gros aller Heimbewohner urologische Probleme habe. Das betreffende Seniorenzentrum bestätigt die Angaben: Es herrsche "Lethargie" unter Ärzten, die die Heim-Pflegedienste vor Probleme stelle. Auch aus einem anderen Heim ist zu hören: Im Notfall kämen Spezialisten mehrerer Sparten kaum "bis gar nicht".

Da stimme etwas nicht in der medizinische Versorgung, sagt Küster, der eine ganze Reihe Heime betreut. "Ich finde, wir Ärzte müssen nicht am Hungertuch nagen, wenn wir fleißig und fit sind." Ob einige Kollegen ungern in Heime kämen, weil dort größtenteils Kassenpatienten warteten? Dem widerspricht der Godesberger Urologe Axel Belz für seine Praxis vehement. Heimbesuche seien selbstverständlicher Bestandteil seiner ärztlichen Tätigkeit.

"Meine Kollegin und ich fahren konstant zu allen Notfällen hin", sagte Belz dem GA. In den vergangenen drei Monaten seien sie 500 Male zu Hausbesuchen auch in Altenheimen bis Wachtberg unterwegs gewesen. "Das ist an der Kapazitätsgrenze. Mehr schaffen wir nicht."

In nur einem aktuellen Fall habe seine Praxis ablehnen müssen: Das Heim habe aber auch nicht deklariert, dass ein Notfall vorliege. Ein Gesprächspartner aus der Branche berichtet, dass nur wenige Urologenpraxen Hausbesuche durchführten, da Privatpatienten zu versorgen eindeutig lukrativer sei.

Im komplizierten Fall der alten Dame hat Michael Küster Katheter und Antibiotikum gewechselt und hofft nun, dass sie sich stabilisiert. Wenn das Fieber aber nicht schnell sinke, dann müsse die Patientin ins Krankenhaus. Doch es dürfe ja eigentlich auch aus finanziellen Gründen nicht angehen, kranke Heimbewohner per se mit dem Krankenwagen abholen zu lassen.

Während Christian Elspas von der Techniker Krankenkasse keine Anhaltspunkte bekannt sind, "dass sich in Bonn Ärzte den Hausbesuchen in Heimen verwehren", ist André Maßmann von der AOK Rheinland/Hamburg das Thema durchaus geläufig: "Ja, wir kennen auch diese Probleme der nicht durchgeführten Hausarzt- oder Facharztbesuche in Pflegeheimen bei unseren Versicherten."

Die AOK versuche deshalb, mit Hausärzten, Urologen und Neurologen zu Versorgungsverträgen zur Behandlung im Pflegeheim zu kommen. Zudem habe man im AOK-Hausarztvertrag das Angebot der Betreuung von Versicherten in Pflegeheimen aufgestockt. "Das ist eine zusätzliche Leistung, die für den beteiligten Arzt attraktiv ist."

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