Netzwerk im Kranken- und Pflegebereich aufgebaut Medizinische Hilfe ohne Versicherung

BONN. · Sigird Becker-Wirth erhält Verdienstkreuz für ihr Engagement im Verein MediNetzBonn.

 Sigrid Becker-Wirth erhält das Bundesverdienstkreuz.

Sigrid Becker-Wirth erhält das Bundesverdienstkreuz.

Foto: Sebastian Flick

Für ihr jahrelanges Engagement in der Flüchtlingsarbeit ist Sigrid Becker-Wirth mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt worden. Bürgermeister Reinhard Limbach überreichte ihr die hohe Auszeichnung am Mittwoch bei einem festlichen Empfang im Alten Rathaus.

Mit dem Preis wird Becker-Wirths unermüdlicher ehrenamtlicher Einsatz in der medizinischen Versorgung von geflüchteten Menschen ohne Papiere gewürdigt.

Die Preisträgerin hatte ein Netzwerk aus Personen und Einrichtungen aus dem Kranken- und Pflegebereich aufgebaut, aus dem im Jahr 2003 der gemeinnützige Verein MediNetzBonn hervorging.

Die Medizinische Vermittlungsstelle für Geflüchtete, Migranten und Menschen ohne Papiere bietet Patienten ohne Krankenversicherung die Möglichkeit, sich kostenlos und anonym behandeln zu lassen.

Mittlerweile bieten mehr als 100 Ärzte verschiedener Fachrichtungen sowie Hebammen und Physiotherapeuten ihre professionelle Hilfe und Behandlung unentgeltlich an. Entstehende Kosten bei stationären Behandlungen werden ausschließlich aus Spenden finanziert.

Der Wunsch, die Lebenssituation von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis zu verbessern, war bei Becker-Wirth bereits gereift, als sie sich ehrenamtlich in der Informationsstelle Lateinamerika engagiert hatte.

„Ich kannte einige Menschen ohne Papiere, so bin ich auf das Thema aufmerksam geworden“, berichtet sie. 15 Jahre lang hat die Bonnerin ihren Verein tatkräftig unterstützt. „Ich finde es bereichernd zu sehen, wie die Menschen unter ganz widrigen Umständen ihr Leben managen und dennoch nicht ihren Mut verlieren“, sagt sie.

25 Stunden in der Woche hat die Preisträgerin sich im Schnitt für die Arbeit des Vereins eingesetzt. „Allein im Zeitraum 2003 bis 2013 konnten etwa 4000 medizinische Behandlungen unbürokratisch vermittelt und etwa 60 Schwangerschaften begleitet werden“, blickte Limbach auf die ersten zehn Jahre zurück.

Becker-Wirth habe großen Anteil am Erfolg der Arbeit: „Sie sind der Motor des Vereins, der ohne Sie gar nicht existieren würde“, sagte er.

In ihrer Dankesrede hatte Becker-Wirth erläutert, warum die im vergangenen Jahr beschlossenen Asylrechtsverschärfungen ein Grund für sie waren, darüber nachzudenken, den Preis gar nicht anzunehmen.

„Tagtäglich ertrinken noch immer Menschen im Mittelmeer, weil es für Flüchtlinge bisher keine sicheren und legalen Fluchtwege nach Europa gibt.“ Zudem bezeichnete sie es als „Skandal“, dass MediNetz überhaupt existieren müsse.

Ihr Ziel sei es stets gewesen, dass MediNetz überflüssig wird und der Staat seiner Verpflichtung nachkommt: „Das Grundrecht auf medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht und gilt unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Menschen.

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge ohne Papiere muss de facto gewährleistet sein“, sagte Becker-Wirth und forderte einen freien Zugang für alle hier lebenden Menschen zum deutschen Gesundheitssystem.

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