Prozess vor dem Bonner Landgericht Maler verklagt nach Unfall am Baugerüst die Stadt Bonn

Bonn · Nach einem Unfall auf dem Baugerüst am Haus der Bildung verklagt ein Maler und Lackierer die Stadt Bonn auf 4000 Euro Schmerzensgeld.

 Ein Maler beim Streichen. (Symbolfoto)

Ein Maler beim Streichen. (Symbolfoto)

Foto: dpa

Der Schock sitzt bis heute tief: Als der Maler und Lackierer am Morgen des 1. Oktober 2014 alleine auf das Baugerüst am Haus der Bildung steigt, um die restaurierten Dachgauben und das hölzerne Fries zu streichen, wäre er fast in die Tiefe gestürzt. Denn als der Handwerker arglos in 15 Meter Höhe auf eine Holzplanke des Gerüstes tritt, löst sie sich auf einer Seite und bewegt sich abwärts: Nur durch einen Sprung an das Gaubendach habe er sich auffangen und retten können, erzählte er später.

Sonst wäre er – so sein Trauma - „höchstwahrscheinlich zu Tode“ gekommen. Wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hat er die Stadt Bonn als Bauherrin des Hauses der Bildung und sieben weitere Beklagte, darunter die Architektengesellschaft und den Gerüstbauer, auf 4000 Euro Schmerzensgeld verklagt.

Mit so einer Gefahr habe er an diesem Morgen nicht gerechnet. Auch nicht rechnen müssen, heißt es in der Klage des Handwerkers. Schließlich hätte er davon ausgehen können, dass das Gerüst eine „bewährte Konstruktion“ ist, da sich vor ihm die Dachdecker dort aufgehalten hätten. „Die Sicherheit des Baugerüstes wurde nur äußerst sporadisch und punktuell geprüft“, wirft er den Beklagten vor. Beim rettenden Sprung habe er sich an der linken Schulter so verletzt, dass er bis heute Taubheits- und Bewegungsprobleme habe und nur eingeschränkt arbeitsfähig sei. Auch sei er nicht mehr in der Lage, in dieser Höhe zu arbeiten.

Gericht weist Klage ab

Nach dem Arbeitsunfall wurde das Gerüst von den Verantwortlichen inspiziert. Dabei stellte sich heraus, dass es sich an der Unfallstelle um „eine nachträglich und unsachgemäß“ konstruierte Gerüsterweiterung gehandelt hat: Eine Holzplanke, die zusätzlich zwischen Gerüst und Dachgaube gelegt worden und nur am Gerüstrohr mit Schellen befestigt war. Auf der anderen Seite hing die Planke nur an einem Nagel. Die Vertreter der verklagten Stadt vermuten sogar, dass der Handwerker die Konstruktion selber gebaut hat, „als Hilfsmittel, um bequemer streichen zu können“. Der Maler jedoch weist einen solch bösen Verdacht weit von sich.

Wer die instabile Gerüsterweiterung vorgenommen hat, konnte im Prozess vor der 1. Zivilkammer trotz Anhörens zahlreicher Zeugen nicht aufgeklärt werden. Die Klage wurde schließlich abgewiesen, da die Stadt laut Urteil die Überprüfungspflicht an „zuverlässige Dritte“ übertragen habe. Und zwar nicht nur an das Architektenbüro, das für die Objektüberwachung zuständig ist, sondern auch an einen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator. Und der hatte zwei Wochen vor dem Unfall die letzte Kontrolle auf der Baustelle vorgenommen.

Aber auch der Gerüstbauer haftet, so die Richter, nicht für die lebensgefährliche Konstruktion. Denn die verbauten Teile stammten, so hatte er im Prozess beteuert, nicht aus seinem Unternehmen. Das sei unschwer an der anderen Farbmarkierung zu erkennen.

AZ: LG Bonn 1 O 304/17

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