Verspätungen und Ausfälle Kritik an den Stadtwerken Bonn wegen der Linie 66 wird schärfer

Bonn / Rhein-Sieg-Kreis · Der Kreispolitiker Ingo Steiner denkt laut über eine Vertragskündigung für die Stadtbahnlinie 66 nach. Hintergrund ist der Unmut über Verspätungen und Ausfälle.

Die Stadtbahn 66 verbindet Bonn mit dem ICE-Bahnhof Siegburg.

Die Stadtbahn 66 verbindet Bonn mit dem ICE-Bahnhof Siegburg.

Foto: Stefan Hermes

Der Unmut über Verspätungen und Ausfälle auf der Stadtbahnlinie 66 reißt nicht ab. Wie berichtet hatten Pendler zunehmend Unzuverlässigkeiten beklagt. GA-Leserin Anika Giebel schilderte jüngst: „Jeden Tag kommt es zu so vielen und besonders kurzfristigen Verspätungen und Zugausfällen, dass es oftmals unmöglich ist, einen Anschluss zum Fernverkehr zu erreichen.“ Der Ausschussvorsitzende des Kreisverkehrsausschusses, Ingo Steiner, hat nach eigenen Erfahrungen am Donnerstag vor einer Woche eine geharnischte Mail an die Geschäftsführerin der Stadtwerke Bus und Bahn, Anja Wenmakers, geschrieben.

Steiner beschreibt, er sei an besagtem 7. November gegen 17 Uhr aus Frankfurt mit dem ICE in Siegburg angekommen. „Für die Linie 66 wurde auf dem Display angezeigt, dass es zu Betriebsstörungen kommt. Diese Anzeige wurde dann wiederholt durch Anzeigen die z.B. nächste Linie kommt in 6 Minuten korrigiert.“ Durchsagen habe es erst nach einer halben Stunde gegeben.

An Wenmakers schrieb er weiter, er werde mit anderen Politikern in Kreis und Stadt darüber sprechen, „ob wir hier nicht mir einer Prüfung der Kündigung der Verträge die Notbremse ziehen müssen“. Er sei nicht bereit, sich weiter mit vagen Ankündigungen abzufinden, es werde Verbesserungen geben. Auf Nachfrage sagte Steiner (Grüne) weiter, er könne sich auch mit Blick auf eine geplante Stadtbahnlinie von Bonn über Niederkassel bis nach Köln mittelfristig vorstellen, eine gemeinsame Verkehrsgesellschaft Bonn/Rhein-Sieg-Kreis zu gründen, „damit der Kreis mehr Mitspracherecht bekommt und Einfluss nehmen kann“.

Einen solchen Weg hält der Landtagsabgeordnete Oliver Krauß, der für die CDU auch im Kreisverkehrsausschuss sitzt, „nicht für realistisch“. Zudem existiere seit Langem die Elektrische Bahnen der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises GmbH (SSB), über die der Kreis Mitsprache habe. Sie besitzt derzeit 22 eigene Stadtbahnen und soll zehn der kürzlich beschlossenen 22 neuen Stadtbahnen bis 2023 beschaffen, um dann auf der wichtigen Verbindung zwischen Kreis und Stadt in dichterem Takt fahren zu können.

Mangel an Fahrern ist ein Problem

Allerdings ist auch Krauß unzufrieden, gerade weil das vom Bund mit 37,6 Millionen Euro geförderte Lead City-Programm den Nahverkehr stärken solle. „Die Stadtwerke müssen ihre Hausaufgaben machen.“ Er und auch Steiner erkennen zwar an, dass der Mangel an Fahrern auch bundesweit ein Problem ist. Doch findet Krauß, die Anwerbekampagne für Fahrer habe viel zu spät Fahrt aufgenommen. „Das Problem existiert nicht erst seit gestern.“ Seit Anfang 2018 sind bei den SWB unterm Strich 100 Fahrer hinzugekommen.

Wenmakers teilte mit, sie habe Verständnis für Steiners „Emotionalität“, plädierte aber zugleich zu einer Versachlichung der Diskussion. In den letzten zwei Wochen habe sich die Situation „stetig verbessert“. Das lasse sich mit Zahlen belegen, die sie aber nicht nannte. Am 7. November habe die Leitstelle mit einer Störung auf der Straßenbahnlinie 62 zu tun gehabt, die sich auch auf die Linie 66 ausgewirkt habe. Die Behebung des Problems habe oberste Priorität vor den Durchsagen gehabt. SWB-Sprecherin Veronika John sagte, die Leitstelle habe Durchsagen und die Informationstafeln an den Haltestellen immer noch einzuleiten, einen kompletten Automatismus gebe es nicht. Insgesamt habe sich auch durch den Einsatz der SWB-Mobil-App der Informationsfluss für Fahrgäste verbessert.

Für Bonns SPD-Fraktionschefin Angelika Esch wäre die Gründung einer weiteren Verkehrsgesellschaft keine vernünftige Lösung, „weil sie vor den selben Problemen stehen würde“. Neben dem Personalmangel sei das auf der Linie 66 auch der nicht durchgängig vorhandene eigene Gleiskörper. Das Nadelöhr am Beueler Friedhof müsse beseitigt werden. So sieht es auch Ludwig Burgsmüller von der CDU, der Mitglied im Aufsichtsrat SWB Bus und Bahn ist. Der Bonner Verkehrsausschussvorsitzende Rolf Beu (Grüne) findet, der Nahverkehr in der Region sei „geprägt aus einem kleinstaatlichen Wirrwarr“ unterschiedlicher Unternehmen und Kommunen. Eine gemeinsame Gesellschaft für Netz und Betrieb aller Hochflur-Stadtbahnstrecken könnte ein erster Schritt zu einer Neustrukturierung sein. Oberbürgermeister Ashok Sridharan und Landrat Sebastian Schuster haben für Anfang nächster Woche eine gemeinsame Erklärung zur Situation auf der Stadtbahnlinie 66 angekündigt.

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