Unterricht an der Karl-Simrock-Schule Lernen von der New Yorker Tanzlehrerlegende

Bonn · Pierre Dulaine startet in Bonn sein deutschlandweites Pilotprojekt. Der Weltklassetänzer zeigt den Elf- und Zwölfjährigen worauf es im Leben wirklich ankommt: die Fähigkeit zu führen und zu folgen − gegenseitiger Respekt und Vertrauen.

 Pierre Dulaine mit den Schülerinnen und Schülern der Karl-Simrock-Schule.

Pierre Dulaine mit den Schülerinnen und Schülern der Karl-Simrock-Schule.

Foto: Düren

Am Montagmorgen sieht der Sportunterricht für die fünften Klassen der Karl-Simrock-Schule für Berufsorientierung etwas anders aus: Musik schallt durch die Turnhalle, außerdem die strengen Anweisungen des Weltklassetänzers Pierre Dulaine, und es wird hochkonzentriert getanzt. Foxtrott, Merengue, Chachacha oder auch Macarena – das alles erwartet die Schülerinnen und Schüler von drei Bonner Schulen in den kommenden Wochen beim Pilotprojekt „Dancing Classrooms“ mit Dulaine.

Seit 1994 setzt der New Yorker Tanzlehrer seine „Dancing Classrooms“ um, zunächst in Amerika, dann in Israel, und nun soll das Projekt auch in Deutschland durchgeführt werden. Über zehn Wochen hinweg erhalten die Schülerinnen und Schüler zweimal wöchentlich Unterricht im Gesellschaftstanz bei Dulaine. Worauf es dabei ankommt, ist nicht nur die Freude am Tanzen, sondern vor allem Respekt, Toleranz sowie Umgangsformen, die veraltet erscheinen, aber in einer zunehmend verrohten Gesellschaft einen Lichtblick darstellen.

Pierre Dulaine mache das Projekt immer mit Kindern aus den fünften Klassen. Diese seien mit elf, zwölf Jahren noch vor der Pubertät, sodass es für die Kinder eine Art Rollenspiel sei, wenn sie Gentleman spielen könnten, erklärt Arndt Hilse, der Schulleiter der Karl-Simrock-Schule.

Dass die Karl-Simrock-Schule neben der Hardtberg-Realschule und dem Nicolaus-Cusanus-Gymnasium bei dem vom Kulturamt Bonn unterstützten Pilotprojekt in Bonn dabei ist, habe auch mit seinen guten Kontakten zum Allgemeinen Deutschen Tanzlehrer Verband (ADTV) zu tun. Dieser suchte Kooperationsschulen, um das Projekt, das in Amerika und Israel bereits große Erfolge verzeichnet, nach Deutschland holen zu können.

„Wir brauchen dieses Projekt“, stellt Schulleiter Arndt Hilse fest. Mit seinen „Dancing Classrooms“ geht Pierre Dulaine an soziale und auch politische Brennpunkte und trägt mit seinen Mitteln – dem Gesellschaftstanz – dazu bei, Kindern Respekt und Toleranz zu vermitteln.

Arbeit mit jüdischen und muslimischen Israelis

Ein ganz besonderes, sehr persönliches Projekt war der Dancing Classroom in Jaffa, der Geburtsstadt Dulaines. Dort arbeitete er mit jüdischen und muslimischen Israelis und hob im gemeinsamen Tanz Vorurteile und Hass auf. Da ist der Beginn in Bonn schon wesentlich leichter: „In Jaffa haben Feinde miteinander getanzt, aber letzten Endes sind alle Kinder weltweit gleich: Kein Zehnjähriger will mit einer Zehnjährigen tanzen. Aber wir machen ganz kleine Schritte und sehen Sie sich das Ergebnis der dritten Stunde an – sie tanzen jetzt schon in richtiger Tanzhaltung!“, sagt Dulaine begeistert über die ersten Unterrichtsstunden in Bonn.

Dass er, obwohl er eigentlich seit ein paar Jahren im Ruhestand ist, komplette zehn Wochen in Bonn ist und unterrichtet, hat einen besonderen Grund. Der ADTV hat im Oktober eine Schulung für Tanzlehrer aus ganz Deutschland angesetzt, um die „Dancing Classrooms“ in Zukunft landesweit anbieten zu können. „Wir kennen Pierre Dulaine schon seit 30 Jahren und haben immer verfolgt, was er tut“, berichtet Jürgen Ball vom ADTV. Uns ist die Nachhaltigkeit des Projekts sehr wichtig, sodass wir ihn gebeten haben, die ,Dancing Classrooms' im vergangenen April bei unserem Kongress vorzustellen und höchstpersönlich nach Bonn zu kommen, um die Multiplikatoren auszubilden.“

Dulaines Botschaft kommt bei den Bonner Kindern an, so berichten sie selbst von anderen Umgangsformen, die sie mit nach Hause tragen, der Freude am Tanz mit dem Gegenüber und der anderen Art des Sportunterrichts. Schulleiter Hilse freut sich auf die kommenden Wochen: „Ich glaube nicht, dass ich als Schulleiter noch einmal ein genialeres Projekt werde umsetzen können!“

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