Verstoß gegen Vergaberecht Leihkräfte im Bonner Theater unterbezahlt

Bonn · Das Theater Bonn beschäftigt offenbar seit vielen Jahren sogenannte Leiharbeitskräfte wie reguläre Angestellte. Obendrein soll ein Teil dieser Mitarbeiter nicht adäquat bezahlt worden sein.

Szene aus „Ein Sommernachtstraum“: Auch Leiharbeiter sichern den Betrieb des Stadttheaters.

Szene aus „Ein Sommernachtstraum“: Auch Leiharbeiter sichern den Betrieb des Stadttheaters.

Foto: Thilo Beu

Dem General-Anzeiger liegt ein vertraulicher Bericht des Rechnungsprüfungsamts (RPA) der Stadt Bonn vor. Daraus geht hervor, dass das Theater Bonn seit vielen Jahren sogenannte Leiharbeitskräfte wie reguläre Angestellte beschäftigt. Obendrein soll ein Teil dieser Mitarbeiter nicht adäquat bezahlt worden sein. Das RPA wirft dem Theater außerdem vor, gegen die Vergaberegeln bei der Beauftragung von Leiharbeitsfirmen verstoßen zu haben.

Im Fokus haben die Rechnungsprüfer vor allem eine Leiharbeiterfirma, die seit Jahren dem Theater regelmäßig sechs Mitarbeiter überlässt, deren Einsatz „vielmehr für Tätigkeiten im Rahmen verdeckter Arbeitnehmerüberlassung und/oder möglicher Scheinselbstständigkeit“ spreche. Hinzu komme, dass Jahr für Jahr die Ausgaben für die Leiharbeiter, die offensichtlich hauptsächlich für Bühnen- und Tontechnik eingesetzt werden, gewachsen sind. Lagen sie in der Spielzeit 2009/2010 bei rund 45.000 Euro, so waren es in der Spielzeit 2017/18 rund 230.000 Euro, und in dieser Spielzeit ist man bereits nach der ersten Hälfte bei rund 124.000 Euro angelangt.

Keine Klarheit und Nachvollziehbarkeit

Dem RPA-Bericht zufolge bergen die Verträge zur Überlassung der Leiharbeiter das „immanente“ Risiko, dass diese Firma sogar eine dauerhafte Abnahme der sechs Leiharbeitnehmer durch das Theater verlangen könnte. „Die ständige Erfordernis zur Beschäftigung von Leiharbeitnehmern als Aushilfen im Bühnen- und Technikbereich des Theaters legt nahe, dass diese mittlerweile als fester Bestandteil zur Bewältigung der Betriebsabläufe eingesetzt werden.“ Kritisch bewertet das RPA auch den Umstand, dass der Firmeninhaber selbst sich dem Theater zeitweise ebenfalls als Leiharbeiter zur Verfügung gestellt habe. Das sei rechtswidrig. Auch bestehe keine „Klarheit und Nachvollziehbarkeit bei den abgerechneten Leistungen“ dieser Firma.

Auf GA-Nachfrage erklärte Rüdiger Frings, Kaufmännischer Direktor des Theaters Bonn: „Die Unregelmäßigkeiten sind dem Theater durch die Prüfung und Hinweise des Rechnungsprüfungsamtes bewusst geworden, die notwendigen Korrekturen sind bereits eingeleitet.“ Frings machte auch deutlich, das Theater sei in den betrieblichen Abläufen, besonders bei krankheitsbedingten Ausfällen, auch weiterhin auf Verstärkung angewiesen, unter anderem in Form von Arbeitnehmerüberlassung. „Wir bauen auf verschiedene zielführende Maßnahmen, um den ergänzenden Bedarf durch Leiharbeit zu reduzieren.“

Eher verhalten klingen die Reaktionen aus dem Rathaus: Dort ist sich das Gros der Fraktionen einig, dass das Theater mit seinen Besonderheiten des Spielbetriebs auf Leiharbeitnehmer auch in Zukunft nicht verzichten könne, es aber stärker darauf achten müsse, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Die Linksfraktion sieht auch die Ratsmehrheit mit in der Verantwortung: „Wenn über Jahre hinweg immer mehr Stellen abgebaut werden, geschieht das natürlich auf dem Rücken der Beschäftigten“, sagte Ratsherr Jürgen Repschläger. Seine Fraktion werde den Antrag stellen, dass das Theater wieder mehr Stellen erhalten solle.

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