Kommentar zur Beethovenhalle in Bonn Lehren aus dem Scheitern

Meinung | Bonn · Das scheiternde Projekt verdeutlicht, wie hoch die Risiken bei Sanierungen dieser Größenordnung sind. Zumindest bei den Altgebäuden sollten Stadtverwaltung und Rat deshalb genau abwägen, ob Neubau nicht die bessere Lösung ist, findet GA-Redakteur Andreas Baumann.

 Im Dezember 2015 wurde die umfassende Sanierung der Beethovenhalle im Bonner Stadtrat beschlossen.

Im Dezember 2015 wurde die umfassende Sanierung der Beethovenhalle im Bonner Stadtrat beschlossen.

Foto: Benjamin Westhoff

Das Desaster namens Beethovenhalle ist viel schlimmer, als es selbst die größten Kritiker dieser skandalträchtigen Sanierung jemals erwartet hätten. Statt geplanter zwei wird sie wohl acht Jahre dauern. Im günstigsten Fall berappen die Steuerzahler mit 134 Millionen Euro mehr als das Doppelte der angesetzten Kosten. Wenn am bitteren Ende sogar die 166 Millionen Euro aus dem „Worst Case“-Szenario der Stadtverwaltung überschritten sein sollten, wird kein einziger Bonner überrascht sein. Viel Geld für eine modernisierte Mehrzweckhalle. Mit dieser Summe hätte man die einst im Rat so heiß diskutierten Betriebskosten eines Festspielhauses, dessen Bau überwiegend von Sponsoren finanziert worden wäre, über Jahrzehnte stemmen können. Aber: vorbei, vertan, vergeigt.

Wahrscheinlich wird die Beethovenhalle erst im Herbst 2024 wieder bespielbar sein. Die künftige Intendanz des Beethovenfestes muss sich also für die Jahre 2021 bis 2024 verlässlich planbare Alternativen suchen. Diese Odyssee dürfte die Gespräche mit dem Bund, von dem sich die Stadt eine dauerhafte Förderung des Festivals erhofft, nicht gerade beflügeln. Dass die Situation sowohl für die Oper, die als Ausweichquartier dienen muss, als auch für das Beethoven Orchester eine Zumutung darstellt, muss man nicht weiter betonen.

Besonders frustrierend ist, wie erpressbar die Stadt als Bauherrin zu sein scheint: Je tiefer das Projekt im Chaos versinkt, um so leichter können die Auftragnehmer zusätzliche Honorarforderungen durchdrücken – und zwar auch solche Akteure, die offenbar massive Fehler verursacht haben. Das tut weh.

Wie konnte es soweit kommen? Es ist die klassische Gemengelage bei Bauprojekten der öffentlichen Hand: Man startet ohne abgeschlossene Planung, arbeitet unter Zeitdruck, kalkuliert zu kleine Risikopuffer ein, hat zu viele externe Projektbeteiligte, koordiniert und kontrolliert nicht effektiv genug. Wenn dann alte Baupläne der Halle nicht stimmen, Bodenbeschaffenheit und Bausubstanz schlechter sind als erwartet, wenn Auftragnehmer mangelhafte Arbeit abliefern, wenn die Marktpreise wegen der guten Konjunktur explodieren, dann ist die Katastrophe perfekt.

Das scheiternde Projekt verdeutlicht, wie hoch die Risiken bei Sanierungen dieser Größenordnung sind. Zumindest bei den Altgebäuden, die nicht unter Denkmalschutz stehen, sollten Stadtverwaltung und Rat deshalb genau abwägen, ob Neubau nicht die bessere Lösung ist. Das gilt für Oper und Stadthaus ebenso wie für das Kurfürstenbad oder die Beueler Bütt.

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