Margarete Gräfin von Schwerin Landgerichtspräsidentin stellte beim Montag-Club ihre Arbeit vor

Bonn · Der Wirbel um die Platzvergabe an Journalisten beim NSU-Mordprozess interessiert die Öffentlichkeit: Waren 50 Plätze zu wenig, war das Windhundprinzip unfair, hätte man einen größeren Schauplatz für die Gerichtsverhandlung wählen sollen?

 Margarete Gräfin von Schwerin spricht in der Stiftung Pfennigsdorf .

Margarete Gräfin von Schwerin spricht in der Stiftung Pfennigsdorf .

Foto: Roland Kohls

Am Sonntagvormittag konnten die Besucher der Stiftung Pfennigsdorf eine Richterin nach ihrer Einschätzung fragen: Margarete Gräfin von Schwerin, Präsidentin des Bonner Landgerichts, stellte bei der Veranstaltung des Montag-Clubs in der Reihe "Sie vertreten wichtige Institutionen oder Berufe" ihr berufliches Umfeld vor und erklärte, was die Justiz leisten kann.

Die Unabhängigkeit der Justiz sei ein hehres Gut in Deutschland, sagte sie. "Das bringt aber auch mit sich, dass Entscheidungen angefochten werden können." Deshalb müsse man sowohl akzeptieren, wie die Münchener Richter entschieden hatten, als auch, dass das Verfassungsgericht anders entschieden hat.

Das Windhundprinzip - wer zuerst kommt, erhält einen Platz - sei im Prinzip bei diesem heiklen Thema die fairste Methode, niemanden in der Medienwelt zu bevorzugen, solange es nicht an technischen Problemen scheitere. Bei einer Verlegung des Prozesses in einen großen Saal müsse man sich die Frage stellen, wer das bezahlen soll: Man müsste diesen Saal über einen recht langen Zeitraum mieten.

Dieses Thema war für die Teilnehmer von besonderem Interesse, aber es ging nicht nur darum. Die 60-Jährige berichtete von ihrer Richtertätigkeit, die sich vielfach gar nicht im Gerichtssaal abspiele. Das Gericht solle in erster Linie auf eine gütliche Einigung hinwirken: Oft stelle sich bei Zivilfällen im Vorgespräch mit den Streitparteien heraus: "Die haben sich vorher nie darüber unterhalten." Im Beisein einer Richterin würden viele Fälle ohne Prozess erledigt. "Dabei behilflich zu sein als Mediator, ist eine schöne Sache."

Der Bürger erwarte von der Justiz immer gerechte Urteile - manchmal eine schwere Aufgabe. Sie nannte als Beispiel einen Mann, der einem anderen Geld geliehen hatte, von dem dieser später nichts wissen wollte. Wenn der Verleiher keinen Beweis vorlegen könne, könne das Gericht ihm nicht einfach das Geld zusprechen, auch wenn er im Recht wäre.

"Jeder Fall ist ein Einzelfall", sagte die Landgerichtspräsidentin. "90 Prozent der Fälle spielen sich im Ermessensbereich ab." Diesen Spielraum, den das deutsche Recht bietet, müsse ein Richter ausschöpfen, wobei Erfahrung hilfreich sei. "Wenn das geschriebene Recht eins zu eins auf alle Fälle angewendet würde, müssten wir alle nicht studieren."

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