Fast täglich Proteste Kurdendemos sind Dauerbelastung für die Bonner Polizei

Bonn · Kurden gehen regelmäßig in Bonn auf die Straße. Das Grundgesetz deckt auch die spontanen Versammlungen. Für die Polizei sind die ständigen Proteste allerdings eine hohe Belastung.

Seit die syrische Stadt Afrin vom türkischen Militär angegriffen wird, gehen in Bonn täglich Kurden auf die Straße. Die Bundesstadt gilt als eine der Hochburgen von in Deutschland lebenden Kurden. Ein Großteil der schätzungsweise mehr als 3000 in Bonn lebenden Familien haben Verwandte in der Region Afrin. Meist versammeln sie sich spontan, was die Polizei immer wieder vor Herausforderungen stellt. Erst kürzlich kippte das Kölner Verwaltungsgericht ein Demonstrationsverbot der Polizei. „Deutschland ist durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sehr demofreundlich“, sagt Rita Zimmermann-Rohde, Sprecherin des Verwaltungsgerichts.

Am Freitag hatte die Bonner Polizei eine kurdische Demonstration in der Innenstadt verboten. Sie vermuteten hinter dem Anmelder einen Strohmann der Organisation Nav-Dem, der Verbindungen zur in Deutschland als Terrororganisation eingestuften Partei PKK nachgesagt werden. Doch diese angeführten Tatsachen reichten dem Verwaltungsgericht nicht aus, binnen weniger Stunden ließ die Kammer die Versammlung wieder zu.

„Die Versammlungsfreiheit ist ein starkes Grundrecht, das einen hohen Stellenwert in Deutschland hat“, erklärt Zimmermann-Rohde. Eine Demonstration zu untersagen sei deshalb schwierig und stets eine Einzelfallentscheidung. Verbote seien meist nur aus Sicherheitsbedenken gültig, aber auch hier verlangten die Gerichte der Polizei viel ab.

Selbst bei Demos, bei denen gewalttätige Gegenaktionen erwartet werden, sei sie verpflichtet, die Teilnehmer notfalls mit großem Aufwand zu schützen. „Die Anzahl der Demonstranten stellt dabei kein Problem dar“, so Zimmermann-Rohde. Sie erinnert sich da beispielsweise an die Friedensdemos in den 1980er Jahren, als sich Hunderttausende in Bonn versammelten. Zudem gibt Paragraf 8 des Grundgesetzes her, dass sich die Teilnehmer spontan versammeln und dann erst eine Kundgebung anmelden. „Das zielt darauf ab, dass es möglich sein muss, kurzfristig wegen politischer Entwicklungen auf die Straße gehen zu dürfen.“ So wie es auch im Fall der Stadt Afrin geschehen sei.

Viele Kurden kamen in Hauptstadtzeiten nach Bonn

Dass es gerade in Bonn fast täglich mehrere kurdische Demonstrationen gibt, liegt an den vielen kurdischen Familien, die schon zu Hauptstadtzeiten aus Krisengebieten an den Rhein flüchteten. „Fast jeder hat Angehörige in Afrin und auf Bildern gesehen, wie sie dort leiden“, sagt Fawzi Dilbar, der Mitglied im Bonner Integrationsrat ist. Zudem sei Deutschland für die Kurden in diesem Konflikt mit der Türkei ein entscheidendes Land. „Denn auf den Bildern sind auch immer wieder deutsche Leopardpanzer zu sehen, die an die Türkei geliefert wurden.“ Die Versammlungsfreiheit sieht Dilbar als hohes Gut an, für das auch die Demonstranten dankbar seien. „Deswegen rufen wir jedes Mal dazu auf, friedlich zu bleiben.“ Auch in den nächsten Tagen sei mit weiteren Demos zu rechnen. „Wir können da nicht einfach wegsehen.“

Bis auf verbotene Fahnen, die sichergestellt wurden, gab es laut Polizei bisher keine Zwischenfälle in Bonn. Allerdings ist der Aufwand, den sie in den vergangenen Tagen betreibt, hoch. „Das Personalaufkommen verlangt unseren Einsatzkräften viel ab“, sagt Polizeisprecher Frank Piontek. Man sei dafür da, um die Veranstaltungen zu schützen – zum Beispiel vor Meinungsgegnern. Problematisch sei die Emotionalisierung, die der Konflikt in Afrin mit sich bringe und sich in den spontanen Versammlungen widerspiegele. Weil die Stimmung bei den Demos aufgeheizter als noch vor ein paar Jahren sei, begleiteten auch mehr Polizisten die Proteste.

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