Rechter Vortrag fällt aus Kundgebung vor Raczekhaus in Bonn bleibt friedlich

Bonn · 40 Teilnehmer haben sich am Mittwochabend zu einer Kundgebung vor dem Raczekhaus der Alten Breslauer Burschenschaft in der Südstadt versammelt. Sie wollten gegen einen rechten Vortrag protestieren, dieser fand aber offensichtlich nicht statt.

 Rund 40 Demonstranten haben sich am Mittwochabend vor dem Haus der Raczek-Burschenschaft versammelt.

Rund 40 Demonstranten haben sich am Mittwochabend vor dem Haus der Raczek-Burschenschaft versammelt.

Foto: Nicolas Ottersbach

40 Demonstranten sind am Mittwochabend vor dem Raczekhaus der Alten Breslauer Burschenschaft in der Bonner Südstadt aufgezogen. Auch das offizielle Absagen des Vortrages des rechtsextremen Aktivisten Philip Stein, dessen Anwesenheit Anlass der Kundgebung war, hielt sie nicht auf. „Ob es sich hier um eine falsche Information handelte, wodurch mögliche Störungen verhindert werden sollten, war unklar“, hieß es von der Antifa Bonn/Rhein-Sieg, die zur Demonstration aufgerufen hatte. Die Kundgebung, an der auch Mitglieder der Jusos und des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) teilnahmen, blieb laut Polizei friedlich.

Bei Anwohnern sorgte sie jedoch für Unmut. Viel zu sehen war von den Burschenschaftlern während der anderthalbstündigen Demo nicht. Hell beleuchtet war die weiß-schwarz-rot-goldene Flagge, die von der Fassade des Gründerzeithauses herabhängt. In ein paar Zimmern brannte Licht, ab und zu öffnete sich ein Fenster, aus dem ein junger Mann blickte. Andere beobachteten das Treiben auf der Straße hinter dunklen Fensterscheiben. Auf die Frage, was man von der Demonstration halte, gab es eine klare Antwort: „Kein Kommentar.“ Auch zu dem Vortrag, zu dem man eingeladen hatte, wollte sich niemand äußern. Offensichtlich fand er aber, zumindest an diesem Abend, nicht statt.

Eigentlich sollte Philip Stein beim „burschenschaftlichen Abend“ über „patriotische Netzwerke und ihre Arbeit“ referieren. Stein ist Vorsitzender des 2016 gegründeten Vereins „Ein Prozent für unser Land“. Denn ein Prozent der deutschen Bevölkerung sei nötig, um „nicht mehr ignoriert werden zu können“. Auf seiner Internetseite bezeichnet sich der Verein als „Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk“, dass den „Widerstand vernetzt“. Und das macht der Verein erfolgreich, es bestehen beispielsweise gute Kontakte zur Identitären Bewegung. Die ultrarechte Burschenschaft der Raczeks wurde unter anderem dadurch bekannt, ein Verbot der Aufnahme von Studenten in die Deutsche Burschenschaft, die „nicht dem deutschen Stamm“ angehören, zu fordern.

„Wir wollen verhindern, dass sich diese rechten Strukturen auch hier in Bonn ausbreiten“, sagte ein Sprecher der Antifa am Mittwochabend. Bei der Kundgebung riefen die linken Aktivisten dazu auf, sich gegen rechtes Gedankengut stark zu machen. „Neue Rechte, völkische Siedler und Neonazis ziehen hier an einem Strang“, sagte eine der beiden Rednerinnen über „Ein Prozent“. Steins Phrasen habe „man vor Jahren ähnlich auch bei der NPD gehört“.

Auch der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni Bonn hatte zur Demonstration aufgerufen. „Wir sind nicht Veranstalter, unterstützen in diesem Punkt aber die Demo der Antifa“, sagte Tobias Eisenach vom Asta. Auch an der Universität habe man in letzter Zeit verstärkt rechte Strömungen wahrgenommen. „Auf Wahlplakaten zum Studierendenparlament wurden zum Beispiel fremdenfeindliche Sticker geklebt“, erzählte er.

Anwohner beobachteten die Kundgebung, die durch mehrere Polizisten und Streifenwagen begleitet wurde, mit gemischten Gefühlen. Sie zeigten teils Verständnis, teils Unverständnis für die Demonstranten. So berichtete eine Nachbarin, dass es regelmäßig Attacken auf das Raczekhaus und Drohkulissen geben würde. „Das hat dann auch nichts mehr mit Demokratie zu tun.“

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