Nahverkehr in Bonn Kunden ärgern sich über neues Umsteigeverbot

Bonn · Seit dem 1. Januar gelten im Verkehrsverbund Rhein-Sieg neue Tarife. Wer ein Kurzstrecken-Ticket kauft, darf nicht mehr die Linie wechseln. Das ärgert die Kunden.

Bisher durften Fahrgäste mit dem Kurzstrecken-Ticket vier Stationen fahren und zwischendurch auch umsteigen. Der Linienwechsel ist seit Anfang des Jahres im öffentlichen Nahverkehr in Bonn wie im gesamten Verkehrsverbund ohne Aufpreis nicht mehr möglich. Fahrgäste, die zum Beispiel zwei Haltestellen mit der U-Bahn und dann eine weitere Station Bus fahren möchten, zahlen ab sofort statt 1,90 Euro den Preis für ein Einzelticket von 2,80 Euro.

„Es ist eine Regel, die einfach zu merken ist und nur einen kleinen Teil der Kunden verärgert“, sagt Holger Klein, Pressesprecher des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS), auf Anfrage des GA. Im Jahr lösten die Kunden rund zehn Millionen Kurzstrecken-Tickets, davon seien sechs Prozent Umsteiger. „Der Nachteil für diese Kunden ist unbestritten“, räumt Klein ein.

Hintergrund der Neuregelung sei, dass die Verkehrsunternehmen aus den ländlichen Gebieten eine Abschaffung des Kurzstrecken-Tickets gefordert hätten. Auf dem Land könnten Fahrgäste eine viel größere Entfernung auf der Kurzstrecke zurücklegen als in der Stadt, lautete die Begründung. Die Kurzstrecke in der Stadt bedeute nur einen oder wenige Kilometer, auf dem Land könnten es schnell auch 15 Kilometer werden.

Die 28 angeschlossenen Verkehrsunternehmen des VRS hätten sich nach Diskussionen im Unternehmens-Beirat schließlich auf das Umsteigeverbot geeinigt. Zweifellos ein Kompromiss: Während die ländlichen Verkehrsunternehmen auf Abschaffung gepocht hatten, ärgern sich Fahrgäste in den Großstädten nun über die zusätzliche Hürde im Nahverkehr.

Die Neuregelung sorgt auch bei GA-Lesern für Unmut. Eine Frau stellt ernüchtert fest: „Leider wieder einmal eine Neuerung, die die Benutzung des ÖPNV nicht erleichtert, sondern das Gegenteil bewirkt.“ Jährlich erfolgten Preiserhöhungen, aber der Ticketerwerb sei nach wie vor kompliziert. „Es geht nicht um uns, sondern um mehr Geld“, lautet die Beschwerde einer Facebook-Userin.

Finanzielle Gründe weist Klein aber zurück: „Die Mehreinnahmen nach der Neuregelung sind für die ländlichen Unternehmen minimal.“ Es gehe stattdessen um eine einheitliche und gemeinschaftliche Lösung im Verkehrsverbund und um Transparenz für Kontrolleure. Diese könnten nicht immer nachvollziehen, wie lange Fahrgäste mit dem Kurzstrecken-Ticket tatsächlich bereits gereist seien.

Auch die Bonner Stadtwerke haben für das Umsteigeverbot gestimmt: Mögliche Fragen nach dem Geltungsbereich der Tickets stellten sich somit nicht mehr, teilte die Pressestelle mit. Sie kündigte an, dass Bonner Kontrolleure zunächst „sensibel mit der Änderung“ umgehen werden, wenn Fahrgäste ihr „Nichwissen nachvollziehbar begründen“. Fahrgäste müssten erst dann 60 Euro Strafe zahlen, wenn sie trotz Aufklärung wiederholt gegen die neue Regelung verstießen. Über die Tarifänderungen informieren die Stadtwerke ihre Kunden in Service-Centern, im Internet und mit Tarifaushängen.

Für einen umsichtigen Umgang mit den Fahrgästen, die das neue Umsteigeverbot nicht einhalten, spricht sich auch die Bonner SPD-Fraktion aus. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Stadtwerke vorläufig keine Strafzahlungen verlangen“, sagt Helmut Redeker, SPD-Sprecher im Planungsausschuss. Er hinterfragt die Tarifpolitik des VRS grundsätzlich: Der VRS hebe regelmäßig die Preise an, obwohl diese bereits recht hoch seien. Auch das Umsteigeverbot auf der Kurzstrecke will Redeker überdenken: „So setzt man keine Anreize, die Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn zu bewegen.“

Auch eine GA-Leserin will in Zukunft entweder auf das Auto ausweichen oder gleich woanders einkaufen. „Bisher konnte ich von der U-Bahnhaltestelle Propsthof Nord über den Haupfbahnhof mit der Bahn bis Bertha-von-Suttner-Platz fahren, für 1,90 Euro, jetzt 2,80 Euro“, schreibt sie. Für einen anderen Bürger wird die Kurzstrecke mit dem Bus nun teurer: „Wir wohnen in Küdinghoven und konnten bisher von der Bushaltestelle Küdinghoven-Kirche (Bus 635 oder 636) mit Kurzticket nach Oberkassel-Nord (Umstieg in Ramersdorf in die Linie 62) oder in die Rheinaue (Umstieg in Ramersdorf in die Linie 66) fahren. Obwohl dies nur drei Haltestellen sind, müssen wir künftig ein normales Ticket nutzen.“

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