Bonner Feuerwehr Kritik an "Zettelwirtschaft" in der neuen Leitstelle

Bonn · Aus dem Kreis der Bonner Feuerwehr gibt es erneute Kritik an angeblichen Schwachstellen in der neuen Leitstelle. Während und nach den beiden schweren Unwettern haben Mitarbeiter telefonisch eingehende Hilferufe auf Zetteln notiert.

Am Montagabend nahmen Disponenten nach Informationen des General-Anzeigers 75 Anrufe entgegen, die es zu koordinieren galt. Beim ersten Unwetter am Donnerstag, 20. Juni, waren mehr als 1000 Einsätze in der sogenannten Erweiterten Notrufabfrage eingegangen.

Diese "nicht mehr zeitgemäße Zettelwirtschaft", so die Kritiker, würde viel zusätzliche Arbeit bedeuten, vor allem bei der Nachbereitung. Schließlich soll die Feuerwehr Hochwassergeschädigten eine Bescheinigung ausstellen, die 24 Euro kostet und bestätigt, dass es bei dem Antragsteller einen unwetterbedingten Einsatz gegeben hatte. Mit dem Nachweis bekommt der Geschädigte dann einen Nachlass etwa beim Kauf eines Elektrogerätes. Dazu muss die Feuerwehr allerdings ihre Protokolle kontrollieren, ob es bei dem Antragsteller tatsächlich einen Einsatz gegeben hatte.

Das bedeutet: Aus dem weitestgehend unsortierten Stapel mit den mehr als 1000 handschriftlichen Einsatzprotokollen müssten Feuerwehrleute das entsprechende Protokoll ausfindig machen. In der Leitstelle des Rhein-Sieg-Kreises würden Einsätze mit Unterstützung von Computer-Technik erfasst. Das bestätigte eine Sprecherin der Kreisverwaltung in Siegburg dem GA.

Laut Martin Haselbauer, Sprecher der Bonner Feuerwehr, wurden die Notrufe an beiden Unwettertagen per Zettelverfahren erfasst und abgearbeitet. Gleichwohl versteht er die Aufregung nicht: "Es ist kein Einsatz liegen geblieben." Zudem habe sich noch kein Antragsteller über eine schleppende Ausfertigung einer Bescheinigung beschwert. "Nur sechs Bürger haben bisher einen Antrag gestellt", teilte Haselbauer am Dienstag mit.

Zusätzliche Telefonisten in der Notrufabfrage sollen vor allem dafür sorgen, dass dringliche Notfälle wie medizinische Notlagen nicht lange in der Warteschleife hängen bleiben. Am 20. Juni hatte es laut Haselbach neben vollgelaufenen Kellern und überschwemmten Straßen und Unterführungen 54 "echte" Rettungseinsätze sowie einen Küchenbrand gegeben.

Diese Fälle hätten höchste Dringlichkeit und werden von einem "Sichter", der alle Einsatzzettel sofort nach Priorität und Gebiet ordnet, an Kollegen in der integrierten Verbundleitstelle weitergegeben. So wie die übrigen Zettel dann an die Feuerwehreinheiten im Bonner Raum gehen, welche die Einsatzstellen eine nach der anderen "abarbeiteten".

Ist das erledigt, kommen die Zettel zurück in die Leitstelle, wo die Daten dann von Feuerwehrleuten ins EDV-System eingepflegt werden, etwa für die Einsatzstatistik. Ein Verfahren, das die Beschwerdeführer, die ungenannt bleiben wollen, besonders ärgert.

"Das müssen wir jetzt auch noch neben den ganzen anderen Schwierigkeiten machen. Das hält den Arbeitsprozess tierisch auf", moniert einer von ihnen. Wie berichtet, hatte es im Zuge der Inbetriebnahme der Integrierten Leitstelle mehrfach massive Kritik an Software- und Technikproblemen gegeben.

Dass nun wegen der Zettel "ein Aufruhr durch die eigenen Reihen gegangen" sei, ist Haselbauer nicht bekannt. Das handschriftliche Verfahren sei schon in der alten Leitstelle praktiziert worden. Ob es während der beiden Unwetter "Unzulänglichkeiten offenbart hat, wird sich jetzt bei einer Prüfung zeigen". Klar sei aber auch: Rüste man die 16 Telefonarbeitsplätze mit Computern aus, koste das Geld, zudem müssten die Bediener auch geschult werden.

Feuer unterm Dach brennt auch mit Blick auf den Festakt zum 150. Geburtstag der Bonner Feuerwehr am Montag, 8. Juli, im Haus der Geschichte. Kollegen fühlen sich offenbar von ihrer Amtsleitung "total verraten", weil dazu nur "ein erlauchter Kreis der Führung der Feuerwehr Bonn geladen" sei. Führungskräfte im gehobenen und mittleren Dienst "sind dort nicht erwünscht", steht in einem Schreiben an den GA.

"Wir haben die Einladung bewusst auf einen repräsentativen Bereich begrenzt", argumentiert Haselbauer. Schließlich würde das Jubiläum im Herbst zusammen mit allen Kameraden bei einem großen Feuerwehrball gefeiert.

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