Nordbrücke in Bonn Kreishandwerkerschaft warnt vor einspuriger Baustelle

BONN · Sollte die Nordbrücke für die geplanten Bauarbeiten in den Sommerferien 2014 nur mit einer Spur in jede Richtung befahrbar sein, droht ein Verkehrschaos. Das sehen nicht nur Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Rhein-Sieg-Landrat Frithjof Kühn so, sondern auch Unternehmen und regionale Verbände.

Trotz vieler Gespräche und Protestbriefe, die Brücke unbedingt zweispurig zu belassen, hält die Bezirksregierung an der einspurigen Lösung fest. "Alles andere würde die Verkehrssicherheit gefährden und zu wesentlich höheren Kosten führen", sagt Frank Stabler von der Bezirksregierung.

Ein dritter Fahrstreifen soll nur für den Rettungsdienst und Notfälle freigehalten werden, weil es täglich bis zu 60 Transportfahrten zwischen umliegenden Krankenhäusern gebe. "Ich verstehe nicht, warum man die Baustelle nicht so organisieren kann wie die beim Tausendfüßler", sagt Alois Blum, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkskammer Bonn. Dort konnte der A 565-Verkehr auf zwei verengten Fahrstreifen versetzt rollen.

"Das war ideal." Er schätzt, dass von den 9000 Handwerksbetrieben der Region Bonn/Rhein-Sieg etwa 3000 auf die Nordbrücke angewiesen sind. Müssten die durchschnittlich fünf Angestellten pro Tag eine halbe Stunde zusätzlich im Stau stehen, würden sich die Lohnkosten pro Betrieb um 15.000 Euro im Jahr erhöhen. "Das belastet uns massiv", so Blum. Auch die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg hatte bereits vor den Folgen gewarnt.

Dass der Verkehr in den Sommerferien abnehmen würde, wie es die Bezirksregierung hofft, bezweifelt Blum: "Es ist heute üblich, dass die Betriebe durcharbeiten." Auch Johannes Kalt, dessen Spedition im Bonner Norden sitzt, befürchtet trotz Ferienzeit lange Staus. "Es gibt zwar weniger Pendler, die Lastwagen rollen aber", sagt er.

Er sieht keine Möglichkeit, die Brummis umzuleiten. Über die B9 dürfen sie nicht fahren, über die Kennedybrücke geht es in die Innenstadt. "Das würde alles lahmlegen", so Kalt. Außerdem würden die Feinstaubwerte in der Umweltzone explodieren. Für Baustellenkoordinator Mario Korte vom Landesbetrieb Straßen NRW sind die Arbeiten ein Dilemma: "Wir haben keine Alternative."

Denn um die verrosteten stählernen Fahrbahnübergänge auszutauschen, brauchen die Bauarbeiter Platz. Und es muss schnell gehen, was schon die Notreparaturen in den vergangenen Wochen gezeigt haben. Die etwa 20 Jahre alten Übergänge sind Verschleißteile, sie federn die Bewegungen der Brücke ab. Tauscht man sie nicht, wird das Bauwerk beschädigt. 2015 soll die Nordbrücke komplett erneuert werden.

"Was von außen wie eine Brücke aussieht, sind in Wahrheit viele verschiedene Teile", erklärt Korte. Zum einen gibt es eine Vorderlandbrücke, die bis zum Rheinufer reicht, zum anderen eine Strombrücke, die über das Wasser geht. Bei den Schweißarbeiten an der Metallkonstruktion dürfen keine Belastungen auftreten.

"Möglich wäre, drei Fahrstreifen offen zu halten", sagt Korte. Das bedeute aber hohen technischen Mehraufwand, der Kosten und Bauzeit verdreifachen würde. "Die Spuren wären noch enger als beim Tausendfüßler, das wäre gefährlich", sagt Korte. Versetztes Fahren stört den Verkehr nach seiner Einschätzung noch mehr, weil die Fahrer aus Angst abbremsten.

Hinzu komme, dass die Statik der Nordbrücke nicht standhalte: Bei drei Fahrspuren auf der durch die Baustelle eingeengten Fläche verursachten die Fahrzeuge eine zu hohe Belastung. "Besonders die Randbereiche sind nicht so stark belastbar, gerade da, wo Lkw fahren", sagt Korte.

In den nächsten Wochen sollen Gespräche geführt werden, um vielleicht noch eine Lösung zu finden. Mit Spannung wird eine Stellungnahme des NRW-Verkehrsministers Michael Groschek erwartet. An den hatten sich Kühn und Nimptsch in ihrem Brief gewandt.

Absprachen sollen Verkehrsprobleme lindern

Um die Baustellen an wichtigen Verkehrsadern besser organisieren zu können, hat die Bezirksregierung Anfang des Jahres einen "Baustellenkoordinationskreis" gegründet. Dort sitzen nicht nur Vertreter des Landesbetriebs Straßen NRW und der Bezirksregierung, sondern auch von Kommunen, Interessenverbänden, Verkehrsunternehmen und Versorgern.

So nehmen etwa die Industrie- und Handelskammer, die Deutsche Bahn, RWE und die Telekom teil. Die Runde hat etwa 50 Mitglieder und ist in die Arbeitsgruppen Köln/Leverkusen und Bonn/Rhein-Sieg aufgeteilt. Beide tagen regelmäßig im Sitzungssaal der Bezirksregierung in Köln.

"Zunächst tauschen wir Informationen aus, dieses junge Gremium muss sich erst einmal einspielen", sagt Baustellenkoordinator Mario Korte vom Landesbetrieb, der gleichzeitig Hauptansprechpartner für den Kreis ist. Dabei gehe es nicht um kleine Kanalsanierungen, sondern strategische Verbindungen im Straßennetz.

Hauptsächlich sind das Autobahnen und Bundesstraßen, aber auch Kreisstraßen können bedeutend für den rollenden Verkehr in einer Region sein. Momentan kommt alles auf den Plan, was in den nächsten zwei Jahren an wichtigen Baustellen anfällt. Auch die Nordbrücke gehört dazu.

Die vielen Interessen an einen Tisch zu bringen, sei keine leichte Aufgabe. "Je mehr Leute es sind, desto schwieriger wird die Abstimmung", sagt Korte. Trotzdem sei die Arbeit bisher konstruktiv. In Zukunft könnten die Tätigkeitsbereiche des Gremiums ausgeweitet werden.

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