Kneipen und Restaurants Wie sich die Bonner Gastronomie über Wasser hält

Bonn · Bonner Gastronomen haben am Freitag mit einer Mahnwache auf ihre teils prekäre Situation aufmerksam gemacht. Aussicht auf eine baldige Besserung gibt es bei den Restaurants und Kneipen kaum.

 Bonner Gastwirte haben auf dem Münsterplatz eine Mahnwache organisiert.

Bonner Gastwirte haben auf dem Münsterplatz eine Mahnwache organisiert.

Foto: Benjamin Westhoff

Nachdem das gesellschaftliche Leben in den vergangenen Wochen nahezu auf Null heruntergefahren wurde, kommt mit der Öffnung der Geschäfte ein Stück weit Normalität zurück. Anders ist es bei den Gaststätten und Kneipen. Diese bleiben weiterhin geschlossen. Die Soforthilfen der Bundesregierung werden nur wenige Wochen helfen können. Für die Bonner Gastronomie sieht es deshalb zurzeit sehr schlecht aus. Auf ihre Situation machte die von Gastwirt Rüdiger Schütz ins Leben gerufene Initiative „Bonner Gastronomen für Bonn“ am Freitag mit einer Mahnwache auf dem Münsterplatz aufmerksam.

Dort hatte die Initiative 200 Stühle aufgestellt – einen für jeden Bonner gastronomischen Betrieb, wie Schütz erklärte. Damit wollen die Gastronomen und Hoteliers darauf aufmerksam machen, dass die bisherigen Hilfen nicht ausreichen, um den einen oder anderen vor der Insolvenz zu bewahren. „Wir haben daher die Politik aufgefordert, ein Rettungspaket für das Gastgewerbe aufzulegen.“

Die Mausefalle 33 1/3, eine Kneipe in der Südstadt, hat mittlerweile auf Außerhausverkauf umgestellt. „Wir machen das seit Ostern“, sagt die Besitzerin Melanie Reitler-Sönksen dem GA. „Es kommen auch Leute, aber der Umsatz ist natürlich nicht zu vergleichen mit dem vor Corona-Zeiten.“ Die Mausefalle gehört zu den Glücklichen, die die Soforthilfe vom Bund erhalten haben. „Damit können wir uns eine Weile über Wasser halten“, sagt Reitler-Sönksen. Das helfe etwa für zweieinhalb Monate. Und dann werde es schwierig.

Deshalb haben sie den Außerhausverkauf gestartet. Damit wollen sie, wie sie sagt, das „Absterben verlängern“. Die Kneipen würden auch noch deutlich länger geschlossen bleiben, davon gehe sie sicher aus. Reitler-Sönksen hat die Hoffnung, dass zumindest der Außenbereich etwa in den Biergärten wieder öffnen könne. Natürlich mit dem nötigen Abstand. „Dann könnten wir da wieder etwas Leben reinbekommen.“ Hilfe komme bei ihnen aber auch auf unerwartete Weise. „Eine Kundin hat eine Hilfeseite für uns erstellt, in der sie, um uns zu unterstützen, Geld sammelt. Da ist sehr nett. Und sehr solidarisch.“

Für das Zebulon sieht es hingegen weniger rosig aus. Die Fußball- und Bierkneipe in der Innenstadt unweit des Hofgartens gibt es bereits seit 36 Jahren. „Wir bekommen keine Hilfe“, erzählt die Besitzerin Özi Öngür. Staatliche Unterstützung bekomme sie nicht, weil sie nebenher noch Studentin ist. Sie habe so gut wie alle Kellner freigestellt. „Das bringt uns in eine ganz ganz große Bredouille.“ Für die kommenden Wochen sehe sie deshalb schwierige Zeiten auf die Kneipe zukommen. Mit dem Cocktail-Verkauf von 15 bis 19.30 Uhr am Eingang konnte sie noch etwas verdienen. „Aber Pacht und Kellner sind davon nicht zu bezahlen.“ Da die Menschen mittlerweile auch wieder arbeiten, werde die Kundschaft weniger. „Ich befürchte, dass die Großen die Hilfe kriegen, und wir Kleinen werden im Regen stehen gelassen“, sagt sie resigniert.

Direkt in der Innenstadt am ehemaligen Bonner Loch befindet sich der Cassius Garten. „Wir mussten plötzlich zumachen“, erinnert sich der Besitzer Jan Lüth an den Moment des Shutdowns zurück. „Innerhalb von zwei Tagen haben wir dann einen Lieferservice mit Homepage und allem Drum und Dran auf die Beine gestellt.“ Keine leichte Aufgabe für ein Restaurant, das den Kunden normalerweise ein frisches Buffet bietet, an dem sich jeder das nehmen kann, was er will. „Normalerweise kommen täglich etwa 1000 Gäste zu uns“, sagt Lüth. Jetzt bieten sie Tagestüten an, die abgeholt oder geliefert werden können.

Die Einnahmen sind dabei extrem eingebrochen. „Wir machen zurzeit etwa sieben Prozent unseres normalen Umsatzes.“ Auch arbeiten in seiner Küche statt 25 nur noch drei Mitarbeiter für je vier Stunden am Tag. Hilfe vom Land haben sie erhalten. „Aber das hilft genau eine Woche. Wir sind sehr groß.“ Unterstützung komme für das Restaurant von vielen Seiten. „Als die Schließung kam, hatten wir noch 800 Kilogramm Kartoffeln. Die haben wir für die Tüten noch verkocht. Der Bauer, von dem wir die Kartoffeln haben, hat uns zwei Ernten erlassen. Der Vermieter kommt uns entgegen. Auch haben wir einen Spendenaufruf gestartet, für Eigenkapital zu werben“, sagt er. Kredite wolle und könne er derzeit nicht aufnehmen. „Das würde mir jetzt helfen, mich dann aber später ruinieren.“ Kostentechnisch habe er die Situation gerade gut im Griff. „Aber wenn das Restaurant wieder auf 100 Prozent läuft, weiß ich nicht wie es weitergeht.“

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