Prozess in Bonn Kinderschänder 20 Jahre nach Taten verurteilt

Bonn · Das Bonner Landgericht hat einen 51-jährigen Schwimmtrainer wegen sexuellen Missbrauchs zu fünf Jahren Haft verurteilt. Sein Opfer war der Bruder seiner Frau.

 Ein Fall von Kindesmissbrauch beschäftigt die Justiz in Bonn.

Ein Fall von Kindesmissbrauch beschäftigt die Justiz in Bonn.

Foto: dpa

20 Jahre lang belastete ihn ein schreckliches Geheimnis, das er wegen familiärer Verbindungen nicht zu offenbaren wagte. Erst als der Schwager, der ihn in der Kindheit jahrelang missbraucht hatte, sich von seiner Schwester trennte, brach der heute 30-jährige sein Schweigen. Sein inzwischen 51-jähriger Peiniger landete vor dem Bonner Landgericht und muss nun für mehrere Jahre hinter Gitter.

Nach fünftägigem Prozess, in dem der Angeklagte auf Anraten seines Anwalts schwieg, verurteilte ihn die 2. Bonner Jugendkammer als Jugendschutzkammer wegen Missbrauchs eines Kindes in 17 Fällen zu fünf Jahren Haft.

Allerdings entschied die Kammer: Zwei Monate der Strafe gelten als abgegolten, und zwar wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung, die nicht der Angeklagte, sondern die Bonner Staatsanwaltschaft zu verantworten hat: Bei ihr lag die fertige Akte ein Jahr, bevor Anklage erhoben wurde.

Das Opfer war zehn Jahre alt, als die Übergriffe des damaligen Jugendtrainers eines Bonner Schwimmvereins anfingen – und mehr als drei Jahre andauerten. Der Junge schwieg, denn schließlich war sein Peiniger der Freund seiner älteren Schwester und wurde später sogar ihr Ehemann, mit dem sie zwei Kinder bekam. Alle lebten unter einem Dach und man unternahm viel gemeinsam.

Erst als sich der Angeklagte 2013 von seiner Schwester trennte und sich als homosexuell outete, brach der heute 30-Jährige sein Schweigen und offenbarte sein Geheimnis in einem Urlaub seiner Freundin. Die schilderte im Prozess, wie der 30-Jährige immer wieder von quälenden Erinnerungen überfallen werde, jedoch auch erleichtert sei, dass er endlich nicht mehr schweigen müsse und dass ihm geglaubt werde.

Weil der Angeklagte vor Gericht schwieg, saß der 30-Jährige zwei Tage im Zeugenstand und musste insgesamt zehn Stunden lang quälende Fragen zu den Übergriffen beantworten, vor allem vom Verteidiger. Dem Anwalt hielt das Gericht schließlich vor, dem Opfer 2013 in einem Telefonat gesagt zu haben, er habe doch auch Spaß dabei gehabt.

„Das macht einen fassungslos und ist nicht hinnehmbar“, erklärte Kammervorsitzender Wolfgang Schmitz-Justen im Urteil. Zugunsten des Angeklagten wertete die Kammer, dass er nicht vorbestraft ist und die Taten schon sehr lange zurückliegen. Aber gegen ihn, so das Gericht, spreche nicht nur der lange Tatzeitraum, sondern vor allem auch die Massivität der sexuellen Übergriffe und deren Folgen.

Und noch etwas hielt Richter Schmitz-Justen dem Mann auf der Anklagebank vor: Mit seinem Schweigen habe er nicht nur den 30-Jährigen sehr belastet, sondern er habe sich auch selbst damit geschadet. Denn mit einem Geständnis, so der Richter, wäre die Strafe mindestens ein Jahr niedriger ausgefallen. Der 51-Jährige hörte sichtlich geknickt zu.

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