Seniorin kann keinen Beweis vorlegen Kein Schmerzensgeld für verhängnisvollen Sturz in Straßenbahn

BONN/SANKT AUGUSTIN · Keine guten Erinnerungen hat eine 85 Jahre alte Bonnerin an die Geburtstagsfeier einer Freundin vor gut zwei Jahren: Auf dem Heimweg stürzte die Seniorin so schwer, dass sie sich einen Bruch des linken Sprunggelenks zuzog. Schuld an dem Sturz war nach Meinung der Bonnerin eine Bekannte (71) aus Sankt Augustin.

Diese hatte die 85-Jährige und deren Tochter am 21. November 2013 nach der Geburtstagsfeier zur Haltestelle Hangelar-Ost der Straßenbahnlinie 66 gefahren. Dort war die Frau gestürzt, da ihren Angaben zufolge der Riemen ihrer schwarzen Handtasche beim Schließen der hinteren rechten Tür des Golfs eingeklemmt wurde - die Fahrerin aber einfach Gas gegeben und sie umgerissen habe.

Deshalb verklagte die 85-Jährige ihre "Chauffeurin" jetzt in einem Zivilprozess vor dem Bonner Landgericht auf Zahlung von mindestens 5000 Euro Schmerzensgeld. "Sie fuhr wahrlich mit Karacho los und hat mich voll mitgerissen", so die Klägerin im Prozess. Der verletzte Fuß wurde noch am Unfalltag in der Bonner Uniklinik operiert. Aufgrund von Komplikationen musste nach einem halben Jahr ein zweites Mal operiert werden. Bis heute hat die Bonnerin trotz regelmäßiger Physiotherapie immer noch Schmerzen im Fuß. Zu ihren geliebten Wanderungen kann sie daher nicht mehr aufbrechen. "Ich war immer ein Wandervogel. Ich bin schon überall auf der Welt gewandert, und mir ist nie etwas passiert", so die 85-Jährige.

Knackpunkt des Verfahrens war die Frage, ob die Klägerin eindeutig belegen kann, dass der Gurt ihrer Handtasche in der Autotür eingeklemmt war. Ein Gutachten hatte ergeben, dass der Riemen zwar einen Knick hat. Dieser konnte jedoch nicht zweifelsfrei auf ein Einklemmen in der Tür zurückgeführt werden. Dass der relativ dünne Gurt nicht gerissen sei, wenn er wirklich eingeklemmt war und die 85-Jährige die Tasche festgehalten habe, bezeichnete Zivilrichter Klaus Haller als "Mysterium".

Die Klägerin selber hatte angegeben, dass es zum Zeitpunkt des Sturzes an der Haltestelle dunkel und nass war. Daher kam für den Richter auch in Betracht, dass sie einfach ausgerutscht ist und im Nachhinein versucht habe, eine Erklärung zu finden. Das Einklemmen des Gurtes erschien Haller "nicht plausibel". Aufgrund der klaren und eindeutigen Worte nahm die Bonnerin schließlich auf Anraten des Richters die Klage zurück.

Aktenzeichen: LG Bonn 4 O 77/15

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