Prozess in der neunten Bonner Zivilkammer Kein Schmerzensgeld für durchbohrte Lunge

BONN · Das Durchbohren der Lunge einer MS-Patientin beim Einsetzen einer Magensonde war kein haftungspflichtiger Behandlungsfehler. Zu diesem Ergebnis kam nun die neunte Bonner Zivilkammer und wies die Klage der 69-Jährigen gegen die Bonner Klinik und das zuständige Personal auf Zahlung von 50.000 Euro Schmerzensgeld und Übernahme aller Folgekosten ab.

Dieter Ritter, der seine kranke Frau in dem Rechtsstreit vertritt, ist entsetzt über das Urteil, das sich auf das Gutachten eines medizinischen Sachverständigen stützt. Ritter geht nun in Berufung vor dem Oberlandesgericht und erklärt: "Wegen der Genugtuungsforderung für meine Frau. Sie ist massiv verletzt und traumatisiert worden. Und wegen der Relevanz des Themas."

Seine Frau ist und war zum Zeitpunkt des Sondenwechsels in einer besonders hilflosen Lage: Helga Ritter leidet an Multipler Sklerose im fortgeschrittenen Stadium, ist vollständig gelähmt und kann sich nur mit den Augen mitteilen. Im Frühjahr 2013 landete die Kranke, die rund um die Uhr zu Hause gepflegt wird, mit Lungenentzündung in der Klinik.

Am 11. April wurde ihre Magensonde, mit der sie künstlich ernährt wird, von einer Schwester ausgewechselt, die durch Abhorchen den Sitz der Sonde kontrollierte. Dokumentiert wurde dieser Wechsel nicht, für Ritter ein gravierender Fehler.

Denn so sei nach dem Schichtwechsel nicht erkannt worden, dass der schlechtere Zustand seiner Frau daher gerührt habe, dass die Sonde die Lunge durchbohrt habe. Erst tags darauf machte man ein CT und musste der 69-Jährigen in einer Notoperation zerstörtes Lungengewebe entfernen. Und das, so die Klage, führte dazu, dass Helga Ritter nun noch schlechter atmen könne. Für Dieter Ritter und seinen Anwalt steht fest: Im Fall einer solchen Risikopatientin sind Fehler über Fehler gemacht worden. Doch der Gutachter befand, alles sei standardmäßig gelaufen.

Dem schließt sich das Gericht nun an und erklärt: "Ebenso wie bei anderen Behandlungsmethoden haften der Betreiber eines Krankenhauses und das Personal auch beim Wechsel einer Magensonde nicht für den Erfolg, sondern dafür, dass die Maßnahme nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird." Und das sei dem Gutachter zufolge geschehen. Diese Fachkunde aber bezweifelt Ritter und setzt nun seine Hoffnung in die nächste Instanz.

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