Streit um Gebäudereinigung Innung staunt über den Fall Stölting

Bonn · Der Rechtsstreit zwischen der Stadt und der Stölting-Gruppe alarmiert die Gebäudereiniger-Innung Bonn/Rhein-Sieg. Dirk Müller, Obermeister der Gebäudereiniger, versteht die Vergleichsbereitschaft der Stadt nicht.

Der Rechtsstreit zwischen der Stadt und der Stölting-Gruppe alarmiert die Gebäudereiniger-Innung Bonn/Rhein-Sieg. Einerseits macht sich Obermeister Dirk Müller Sorgen um den Ruf seiner Branche. „Es mag schwarze Schafe geben“, erklärt der Bonner, der selbst eine Reinigungsfirma betreibt. „Aber die meisten Unternehmen machen einen ordentlichen Job.“ Der Innungsvorstand sei zudem erstaunt, wie die Stadtverwaltung mit dem Fall Stölting umgehe. „Es ist verwunderlich, wie schnell die Stadt zu einem Vergleich mit der Firma bereit war“, sagt Müller.

Der Betriebsausschuss des Städtischen Gebäudemanagements Bonn (SGB) hatte den Vergleich am Donnerstagabend abgelehnt (der GA berichtete). Der Streit dreht sich um rund 380.000 Euro, die das SGB zwischen Juli 2014 und Mitte 2015 nach eigenen Angaben zu viel an Stölting überwiesen hatte. Nach GA-Informationen waren das vor allem Sonn- und Feiertagszuschläge, auf die das Unternehmen keinen Anspruch gehabt haben soll. Als die Panne nach einem Hinweis der Linkspartei endlich auffiel, stoppte die Stadt zwei Monate lang die Zahlungen. Daraufhin schaltete Stölting seine Anwälte ein.

Für Innungsobermeister Müller wäre es an dieser Stelle „eine Selbstverständlichkeit“ gewesen, der Stadt den zu viel gezahlten Betrag zurückzuerstatten. Doch der Gelsenkirchener Dienstleistungskonzern, der in Bonn 3,37 Millionen Euro schwere Vierjahresverträge für rund 40 städtische Gebäude hat, reagierte ganz anders: Laut einer vertraulichen Vorlage der Stadtverwaltung berief sich Stölting darauf, mit der monatelangen (versehentlichen) Zusatzzahlung sei ein konkludenter Vertrag laut Paragraf 116 des Bürgerlichen Gesetzbuches zustande gekommen. Heißt in Klardeutsch: Vom konkreten Verhalten wird eine Vertragsabsicht abgeleitet – in diesem Fall also, dauerhaft mehr zu zahlen, als im Ausschreibungsverfahren mit dem Gelsenkirchener Konzern vereinbart war.

Der Stundenverrechnungssatz war wegen der Panne laut SGB von 16 auf 23 Euro hochgeschnellt. Stölting argumentiere zudem, die Düsseldorfer Niederlassung, die den Auftrag in Bonn ausführt, sei juristisch selbstständig – und somit nicht an die Ausschreibung gebunden. Das klingt für Laien zwar trickreich, aber die Verwaltung hält einen Prozess gegen Stölting trotzdem für zu riskant und schlägt eine Vergleichszahlung von 100.000 Euro vor. Die Verträge mit Stölting will die Stadt zum Stundensatz von 18 Euro bis 2018 weiterführen. In nichtöffentlicher Sitzung nahm der SGB-Betriebsausschuss den Vorschlag am Donnerstag auseinander. Die Politiker verlangten eine zweite juristische Meinung zu den Erfolgsaussichten eines Prozesses.

Sie kritisierten das SGB auch dafür, dass es 2015 nicht sofort das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet habe, wie es Vorschrift sei. Jetzt sollen die Prüfer den Vorgang durchleuchten. „Es spricht schon Bände über die Kontrolle der Vertragsausführung, wenn das SGB deutlich überhöhte Auszahlungen ein Jahr lang nicht bemerkt“, sagte Anatol Koch (Linke). „Es gibt aber gute Argumente, die Überzahlung notfalls auf dem Klageweg zurückzufordern und die Verträge mit Stölting zu kündigen.“ Auch Tom Schmidt (Grüne) forderte dem Vernehmen nach in der Sitzung, eine Kündigung zu prüfen. Stölting und die Stadt kommentieren die Sache nicht.

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