"Pinsel & Wein" In jedem steckt ein kleiner Meister

SÜDSTADT · Früher hieß es Malen nach Zahlen, jetzt Malen nach Detlev: Detlev Godfrey ist Coach und Künstler, der an diesem Abend dazu anstiftet, eins seiner Werk zu kopieren - willentlich und ganz legal. Strich für Strich pinselt er seinen "Romantischen Sonnenuntergang" auf die Leinwand, acht Kursteilnehmer machen es ihm im "café von&zu" am Bonner Talweg nach.

 Die Hobbykünstler malen den "Romantischen Sonnenuntergang" nach Anleitung von Detlev Godfrey (hinten).

Die Hobbykünstler malen den "Romantischen Sonnenuntergang" nach Anleitung von Detlev Godfrey (hinten).

Foto: Barbara Frommann

"Ich bin sehr aufgeregt", sagt Rahel Demant zur Premiere von "Pinsel & Wein", als sie den Tisch mit noch leeren Leinwänden im Format 30 mal 40 Zentimeter, Staffeleien und Pinseln bestückt. Eine Schürze soll auch jeder bekommen, denn die Acrylfarben lassen sich zwar gut verarbeiten und vermischen, gehen aber aus Kleidung später garantiert nicht mehr raus.

"Ich habe die letzten zehn Jahre in Montreal gelebt", sagt die Bonnerin, die nach ihrer Rückkehr eine Idee suchte, wie sich Leute kennenlernen können und dabei etwas Schönes machen. "Ich habe viele Bewerbungsgespräche geführt", sagt die 26-Jährige, die sich beruflich mit der Beratung zur Software SAP beschäftigt.

So gewann sie Godfrey, der in den 80er Jahren häufig ausstellte und sich heute vor allem auf Porträts stürzt, für ihr Projekt und machte den Selbsttest: "Ich sehe mich selbst als unbegabt an", sagt Demant zum Probemalen, ist auf ihr Erstlingswerk aber stolz.

Das müssen die acht neugierigen Maler in der Runde - einige mit, andere ohne Vorkenntnisse - erst noch werden. Locker geht's zu, schnell sind alle beim Du. "Hier kannst du nichts verkehrt machen", sagt Detlev und verspricht: Nach gut 90 Minuten, plus Pause, soll jeder seinen eigenen "Sonnenuntergang" mit schillernden Gelb- und Orangetönen fertig haben.

Erste schwarze Tupfer und Linien bilden die Grundlage für den Horizont und Grasnaben - letztlich für die Perspektive. Das weiß jetzt nur noch keiner in der Runde. "Willst Du Steine malen, nicht an Steine denken", sagt der Künstler. "Sonst sieht das nachher so aus, als hätte das ein Kind gemalt." Einer meint, seine Linie sehe aus wie eine kranke Giraffe.

Zum Trocknen pustet er kurz darüber. Dann kommt ein selbst gemischtes Lila ins Spiel, sieht richtig appetitlich aus. "Der Schwung wird zur persönlichen Handschrift", sagt Detlev, der sofort sieht, wer mit mehr oder weniger Temperament über die Leinwand streicht. Was vorne im Bild ist, muss dicker aufgetragen werden, weil es größer ist. Und Lücken lassen, heißt es beim Schilf. "Das ist wie die Pause bei der Musik", sagt der 55-jährige Künstler.

Wo die Sonne und ihre Spiegelungen hinkommen, tragen alle weiße Farbe auf, denn hinterher soll da aufgetragenes Gelb wieder leicht weggewischt werden. Für Judith (29) aus Südtirol ist der Abend mal was anderes, da sie als Landschaftsarchitektin sonst nur am Computer malt. "Mir macht das total viel Spaß. Das hätte ich nicht gedacht", sagt Marina (31). "Ich wollte endlich mal wieder malen", sagt Ulrike (25), die über eine App auf "Pinsel & Wein" gestoßen ist. Guido (30) nutzt die Malstunden zu dynamischen Schwüngen, denn "wann setzt man sich schon mal als Mann dahin...?"

Vor dem Finale sollen alle ihr Bild komplett mit einem wässrigen Gelb überstreichen, Das erfordert Mut. Auf einmal verwandeln sich Schwarz und Lila, scheinen nur noch gelbgräulich durch. Grashalme werden mit einem Spachtel gezogen, dann leuchten acht Sonnenuntergänge. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich so ein Bild malen kann", sagt Teresa und signiert ihr Werk mit einem roten und blauen Punkt.

0 Bei "Pinsel & Wein" werden jeden zweiten Donnerstag ab 19 Uhr wechselnde Motive nachgemalt, am 30. April etwa "Fruchtige Sommerkirschen" und am 7. Mai "Abenteuerpärchen". Die Abende im "café von&zu", Bonner Talweg 77, kosten 30 Euro inklusive eines Getränks und Material. Mehr auf www.pinselundwein.com.

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