10 Jahre Arbeitskreis Opferschutz In 17 Fällen führte DNA zur Anzeige

BONN · Traumatisiert, gedemütigt und zutiefst erniedrigt: Eine Vergewaltigung bedeutet für jede Frau eine unvorstellbare körperliche und seelische Verletzung mit Wunden, die meist nie verheilen.

 In zehn Krankenhäusern in Bonn und der Region können Opfer von Sexualstraftaten die DNA des Täters sichern und dokumentieren lassen.

In zehn Krankenhäusern in Bonn und der Region können Opfer von Sexualstraftaten die DNA des Täters sichern und dokumentieren lassen.

Foto: picture alliance / dpa

„Viele Betroffene schotten sich nach einem Missbrauch ab und vertrauen sich niemandem an“, weiß Conny Schulte vom Organisationsteam des Arbeitskreises Opferschutz Bonn/Rhein-Sieg aus ihrer jahrelangen Arbeit. „Sie brauchen Zeit zur psychischen Stabilisierung, bevor sie sich mit dem Erlebten auseinandersetzen und reagieren können.“ Daher hätten nur die Wenigsten die Kraft, eine Tat unverzüglich anzuzeigen.

Um aber auch nach Jahren noch gerichtsverwertbare Spuren sowie medizinische Befunde als Beweis in einem Gerichtsverfahren vorzulegen, bietet der Arbeitskreis seit zehn Jahren die „Anonyme Spurensicherung“ (ASS) nach Sexualstraftaten an. Das Netzwerk hatte bereits zuvor ein Modell entwickelt, das Betroffenen zusätzliche Handlungsoptionen zur Verfügung stellt. Seit 1. Mai 2006 wird das Verfahren nun für den Raum Bonn/Rhein-Sieg angeboten. Insgesamt wurden bis heute 166 Fälle dokumentiert, in 17 Fällen wurde später eine Anzeige erstattet.

In zehn Krankenhäusern in Bonn und der Region können Frauen, aber auch Kinder, Jugendliche sowie Männer rund um die Uhr ihre Verletzungen sowie die DNA des Täters sichern und dokumentieren lassen. Gelagert werden die Proben dann für zehn Jahre im Institut für Rechtsmedizin.

Alle Krankenhäuser mit einer gynäkologischen Abteilung verfügen über einen entsprechend ausgestatteten Notfallkoffer. Er enthält zudem Informationen über Hilfs- und Therapieangebote. Denn nicht nur die Strafverfolgung sei wichtig, sondern auch die psychologische Unterstützung der Frauen, so die Sprecherin.

„Damit nehmen wir den zeitlichen Druck von den Frauen“, ergänzt Maria Mensching vom Marienhospital. „Viele haben erst nach langer Zeit die Kraft, die Tat anzuzeigen.“ Ist die Frau dann bei der Polizei gewesen, erhält die ermittelnde Behörde das nur durch Chiffre gekennzeichnete Datenmaterial für weitere Untersuchungen.

An dem Bonner Modell haben sich in der Vergangenheit viele Städte in NRW und in anderen Bundesländern orientiert. Seit 2015 fördert die Landesregierung das örtliche Netzwerk mit einem Zuschuss. „Bis 2017 ist jedoch geplant, die anonyme Spurensicherung flächendeckend in ganz NRW anzubieten“, so Schulte.

Nicht weit genug geht den Mitgliedern des Arbeitskreises Opferschutz allerdings der aktuelle Entwurf zur Reform des Sexualstrafrechts in Deutschland. „Nein heißt nein. Das muss genügend. Eine Frau muss sich nicht körperlich zu Wehr setzen. Deshalb geht der vorgelegte Gesetzesentwurf für uns nicht weit genug. Was ist denn an einem Nein nicht zu verstehen?“, fragt Conny Schulte und hofft auf eine deutliche Nachbesserung.

Eine Übersicht der Krankenhäuser, in denen die Spuren gesichert werden können, gibt ein Flyer, der auf www.beratung-bonn.de heruntergeladen werden kann.

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