Interkulturelle Woche Ihre Wurzeln liegen im Senegal

BONN · Fast 50 Jahre lang lebte Gisela Kupper in Deutschland ohne ihren Vater zu kennen. Alles, was sie wusste, war, dass er für eine kurze Zeit in der Botschaft seines Heimatlandes Senegal in Bonn gearbeitet hatte. Anfang dieses Jahres machte sich Kupper auf den Weg nach Afrika, um die Wurzeln ihrer Herkunft zu suchen.

Im MIGRApolis - Haus der Vielfalt berichtete Kupper am Mittwoch von ihrer Reise und dem Projekt "Empire des Enfants", einer Unterkunft für Straßenkinder in Dakar, für das sich die Sozialpädagogin aus Bonn engagiert. Ihr Vortrag zählte zu den Auftaktveranstaltungen der Interkulturellen Woche, die bis 3. Oktober ein buntes Programm bietet.

"Es dauerte lange, bis ich lernte, dass meine Wurzeln im Senegal liegen und nicht in Deutschland", sagte die 1962 Geborene. Aufgewachsen ist Gisela Kupper bei einer Adoptivfamilie in einem Dorf im Rheinland. "Die Gesellschaft in den 60er Jahren war ja lange nicht so vielfältig wie sie heute ist. In meinem Dorf war ich eine Exotin, und manchmal musste ich mich schon mal mit Händen und Füßen gegen Angriffe wehren."

Begleitet von einem Filmteam des WDR reiste sie im Februar in den Senegal. Das Ergebnis, einen halbstündigen Film, zeigte Kupper auch am Mittwoch. So konnten die Besucher ganz nah dabei sein, als sie zum ersten Mal in ihrem Leben, das Land ihrer Vorfahren besuchte und schließlich auch die Familie ihres bereits verstorbenen Vaters, Halbschwestern und -bruder, Tante und Onkel, kennenlernte.

Doch bis dahin war es eine lange Suche, kannte sie doch nur den Namen ihres Vaters. Erst ein Auftritt in einer senegalesischen Fernsehsendung brachte den ersehnten Kontakt zu ihren Verwandten, die bald darauf das lang vermisste Kind aus Deutschland erstmals in die Arme schließen konnten.

"Es fühlte sich an, wie nach Hause kommen", erzählte Kupper. Erstmals konnte sich das Afrikanische in ihr Bahn brechen, konnte sie frei ausleben, was sie so lange unterdrücken musste. Doch bald schon musste sie erkennen, dass Deutschland sie nicht so einfach loslassen würde.

Ihre neue Familie stellte Forderungen an die vermeintlich reiche Verwandte aus Deutschland, bat um finanzielle Unterstützung, sogar ein Kind sollte sie adoptieren. "Die Reise hat mich sehr bereichert", sagte Kupper, "doch ich musste auch feststellen, ich würde immer eine Fremde bleiben: In Deutschland eine Afrikanerin und in Afrika eine Deutsche."

In der Hauptstadt Dakar besuchte Kupper, die in Bonn in der interkulturellen Familienhilfe arbeitet, ein Heim für Straßenkinder, das von der Organisation "Empire des Enfants" betrieben wird. Kinder aus vielen afrikanischen Ländern finden hier eine Unterkunft, Kleidung und kostenlose Schulbildung.

In manchen Fällen gelingt sogar die Rückführung in ihre Familien, so dass den Kindern die Suche nach ihren Wurzeln, wie Gisela Kupper unternehmen musste, erspart bleibt.

Interkulturelle Woche

"Herzlich Willkommen - Wer immer Du bist" lautet das Motto der Interkulturellen Woche. Bis 3. Oktober präsentiert die evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn mit Unterstützung der Stabstelle für Integration der Stadt Bonn ein Programm rund um das Thema kulturelle Vielfalt in Bonn. In Vorträgen wie "Bonn in den Augen ausländischer StudentInnen" (26.September, 20 Uhr, ESG Bonn, Saal, Königsstraße 88) oder "Diplom-Kellner, Diplom-Taxifahrer, Diplom-Lagerist" (27. September, 16 Uhr, im Heimstadt e.V, Kölnstraße 6) ergreifen Migranten das Wort. Filmvorführungen wie "China in Bewegung" (26. September, 20 Uhr, ifz Bonn, Quantiusstraße) "Problematik weiblicher Genitalverstümmelung" (25. September, 18 Uhr, Thomas-Morus-Begegnungsstätte, Oppelner Straße 124) geben einen Einblick in fremde Kulturen. Zudem erwartet die Besucher Lesungen, Gottesdienste und Kulturabende. Heute um 16 Uhr führt der Chor "Souvenir" russische Lieder (Tanzschule, Grootestraße 15).

Weitere Informationen im Internet aufwww.interkulturellewoche.de

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