Münsterpfarrer Monsignore Wilfried Schumacher "Ich plädiere für einen intensiven Dialog"

BONN · Monsignore Wilfried Schumacher ist als Münsterpfarrer und Stadtdechant direkter Anwohner am Bonner Münsterplatz und somit unmittelbar von Veranstaltungen wie der Klangwelle betroffen. Wie empfindet er die Diskussion um Lärmbelästigungen in der Innenstadt?

Herr Schumacher, ist die Klangwelle tatsächlich so laut wie es zwei Beschwerdeführer jetzt vorgebracht haben?
Wilfried Schumacher
: Natürlich ist die Klangwelle laut; aber das ist schon seit fast zehn Jahren so. Mich hat in den vergangenen Jahren die Lautstärke nicht gestört. Ich weiß, dass ich in der Innenstadt wohne, wo es immer lauter zugeht als irgendwo auf der grünen Wiese.

Wie kommen Sie denn mit ihren Nachbarn auf Zeit aus?
Schumacher
: Wir kommen mit den Veranstaltern der Klangwellen gut zu recht. Sie nehmen Rücksicht auf unsere Bedürfnisse; etwa am kommenden Sonntag, wenn der Gottesdienst zur Eröffnung der Stadtpatrone nicht unbedingt um 20 Uhr zu Ende ist, sondern vielleicht zehn Minuten länger dauert.

Die Veranstaltung stört Sie also nicht?
Schumacher
: Unabhängig von diesen aktuellen Dingen bin ich grundsätzlich der Meinung, dass "man" sich Gedanken machen muss, wie eine Stadt ihre Plätze nutzen will und wie und ob sie den Platzcharakter ihrer Plätze erhalten will. Mich stören zum Beispiel bei der Klangwelle nicht die Musik am Abend, sondern die vielen Buden, die auf dem Platz stehen. Mir ist auch klar, dass diese Buden gebraucht werden, um das Ereignis zu finanzieren. Aber der Münsterplatz mit seinem eigenen Flair mit der Münsterbasilika, der Post, dem Beethovendenkmal ist an vielen Tagen im Jahr mit ähnlichem "Rummel" zugestellt.

Was meinen Sie jetzt konkret?
Schumacher:
Wir legen so viel Wert auf unser Alleinstellungsmerkmal "Beethoven-Stadt"; aber an vielen Tagen im Jahr ist das Beethoven-Denkmal für die Touristen gar nicht zu fotografieren, weil es nicht frei steht. Da hätte ich schon Ideen, was man machen könnte, wie man diesen Platz auch interessanter machen könnte.

Also ist es nicht der Lärm, der Sie stört?
Schumacher:
Doch, bei vielen Veranstaltungen ist der Lärm auf dem Platz schon immens. Die Veranstalter meinen, nur mit überdimensionierter Lautstärke könne man Kunden oder Interessenten gewinnen. Wenn man den Betrieb länger beobachtet, kann man jedoch sehen, wie viele Menschen aus dem Lärm "flüchten" und an der Seite über den Platz huschen. Ganz zu schweigen von den Menschen, die im Münster etwas Ruhe suchen. Ich bin der Stadt dankbar, dass sie wenigstens die Gottesdienste im Münster vor dem Lärm schützt.

Die Diskussion in der Stadt dreht sich mittlerweile darum, ob es überhaupt noch möglich ist, Veranstaltungen wie die Klangwelle oder die Open-Airs wie den Kunst!Rasen anzubieten. Was meinen Sie?
Schumacher
: Als Bürger dieser Stadt wünsche ich mir, dass wir eine lebendige City haben mit einer ausgewogenen Nutzung der (in der Tat wenigen) Plätze. Ich weiß, dass dies fast einer Quadratur des Kreises gleichkommt. Aber zwischen der befürchteten Friedhofsruhe und dem ungezügelten Rummel gibt es noch Quantität- und Qualitätsalternativen. Leider sind bisher alle Masterpläne etc. in dieser Richtung Makulatur geblieben.

Wie könnte eine Lösung aussehen?
Schumacher:
Ich plädiere hier und an anderen Stellen für einen intensiven Dialog, in dem unterschiedlichen Ideen und Interessen zu Wort kommen können, gehört, angehört und erwogen werden. Am Schluss muss es eine mehrheitliche, oder politische oder konsensuale Lösung geben, die dann auch gilt.

Was halten Sie denn davon, dass Bürger rechtliche Schritte einleiten?
Schumacher
: Juristische Schritte sind die ultima ratio. Sie führen vielleicht zur augenblicklichen Bedürfnisbefriedigung Einzelner, sind aber kein Weg für ein Miteinander in einer Stadtgesellschaft.

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