Alter Zoll in Bonn Hinter der Stahltür liegt ein unheimliches Gewölbe

BONN · Hierher verirrt sich niemand. Nicht mal Mäuse und Insekten. Wie auch? Die Stahltür ist dicht verschlossen. Alle weiteren Eingänge sind zugemauert. Wie sollte es da jemand schaffen, in den Gang unterhalb vom Alten Zoll zu kommen?

 In dem Gang ist es eigentlich stockfinster. Unser Fotograf schaffte es trotzdem, ihn ins Bild zu setzen, indem er die Belichtungszeit seiner Kamera auf 30 Sekunden stellte, mit einer hellen Lampe auf und ab wanderte und die Mauern mit Licht "bestrich".

In dem Gang ist es eigentlich stockfinster. Unser Fotograf schaffte es trotzdem, ihn ins Bild zu setzen, indem er die Belichtungszeit seiner Kamera auf 30 Sekunden stellte, mit einer hellen Lampe auf und ab wanderte und die Mauern mit Licht "bestrich".

Foto: Volker Lannert

Uni-Archivar Thomas Becker hat den passenden Schlüssel. Aber selbst er war zuletzt vor Jahren hier, sagt er, als er die efeuverhangene Tür in Höhe des Schiffsanleger-Pavillons am Brassertufer öffnet. Feuchte Luft kommt einem entgegen, die Brille beschlägt sofort. Trotzdem riecht es weniger muffig als erwartet. Aber es ist stockduster. Im Schein von Taschenlampen tasten wir uns in den 40 Meter langen Raum, der 1644 in leichter S-Form angelegt wurde. Becker erklärt, das sei in Festungen immer so gewesen, damit Feinde nicht "durchschießen" konnten.

Langsam gewöhnen sich die Augen an das wenige Licht. An den Wänden erkennt man die Aufforderungen "Ruhe bewahren" und "Rauchen verboten" - entstanden im Zweiten Weltkrieg, als der Gang als Luftschutzkeller genutzt wurde. Zwei abgemauerte Ecken tragen die Aufschrift "Abort".

Aus der Decke ragen verrostete Eisenstreben. Beckers Vermutung, dass es Halterungen für Stockbetten sind, erhärtet sich, als wir auf dem Boden passende Holzstützen finden. Ansonsten ist der Raum leer, sieht man von einigen Grableuchten ab. Damit wurde vor einigen Jahren der Gang beleuchtet, am "Tag des offenen Denkmals". Trotzdem spendeten sie nicht genug Licht, deshalb blieb es eine einmalige Sache. Schaut man genau hin, findet man ein altes Türscharnier am Eingang, Reste eines Stromverteilers und einer Wasserleitung. An der Decke haben sich einige Wurzeln breit gemacht, offenbar von den Bäumen, die 15 Meter weiter oben auf dem Zollplateau stehen.

Früher hatte dieses Gewölbe zwei andere Eingänge. Der eine wurde zugeschüttet, als die steile Rampe von der Konviktstraße hinab zum Brassertufer gebaut wurde. Der andere ist noch sichtbar, aber zugemauert. Er befindet sich genau dort, wo das Husaren-Relief hängt.

Wer innen hinter diesem Eingang steht, spürt einen ganz leichten Luftzug durch die Ritzen. Wofür dieser Gang in der ansonsten massiv aufgeschütteten Bastion gebaut wurde? "Die erste Funktion könnte ein Ausfalltor in der Stadtbefestigung gewesen sein, zum Gegenangriff", sagt Becker. Die andere hat mit den Treidelpferden zu tun, die früher Schiffe stromaufwärts zogen. Der Treidelpfad war durch die Stadtbefestigung unterbrochen. Durch den Gang führte man die Pferde wieder zum Rhein.

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