Sankt Martin Held der Kinder

BONN · Martinszüge in Bonn haben eine lange Tradition. 1924 startete der erste Umzug durch Poppelsdorf. Der Held der Kinder wird im General-Anzeiger vom 8. November 1924 hymnisch gefeiert.

 Glückliche Gesichter: Sankt Martin in Poppelsdorf in den 1950er Jahren ist eindeutig ein Fest der Kinder.

Glückliche Gesichter: Sankt Martin in Poppelsdorf in den 1950er Jahren ist eindeutig ein Fest der Kinder.

Foto: Archiv

"Martinsfeuer lodern wieder/ Martinsgeist durchweht das Land;/In den Städten, in den Dörfern/Klingen Weisen, wohlbekannt." Dass ein Gedicht am Anfang des Lokalteils steht, zeigt die Bedeutung des Martinsfests für die Bonner.

Die Organisatoren teilen vor den Umzügen durch den GA mit, die Spenden flössen noch allzu spärlich: "Dem Festausschuß liegt sehr daran, außer dem prächtigen Umzug auch eine namhafte Summe für die bedürftigen Kinder und Waisen zu erübrigen."

Und er fordert die Bonner auf, kräftig für das Kinderfest zu spenden. "Kauft nicht nur fleißig Martinslose in den mit der hübschen Gans gezierten Verkaufsstellen, sondern sendet auch besondere Spenden auf die angegebene Zahlkarte", heißt es.

"Schon sind einige wohltätige Kinderfreunde unserer Stadt mit gutem Beispiel vorangegangen, so daß durch deren Mehlspenden den Kleinen auch ein stattlicher Weckmann gesichert ist."

Mit Werbetreibenden geht der Martins-Ausschuß dagegen nicht so wohltätig um. In einer kleinen Anzeige im GA teilt das Komitee unmissverständlich unter der fetten Überschrift "Martins-Zug!" mit: "Jegliche Art von Geschäftsreklame im besonderen auch Reklametafeln, werden unnachsichtlich aus dem Zuge verwiesen." Unerlaubte Werbung im Martinszug klingt 90 Jahre später mehr als ungewöhnlich.

Das ist auch die Schilderung des Martinsabends 1924 im GA. Der Berichterstatter schreibt wie ein Literat. Der Heilige Martin weckt im Chronisten den Poeten, der in blumigen Bildern das Geschehen beschreibt. Kleine Kostprobe: "Es war noch heller Tag, als die Kinder Bonns, sowohl einzeln als in geschlossenen Schulschaften, der Hofgartenwiese zueilten.

Jedes Kind trug ein noch schlafendes Wunder in der Hand, das lebendig und vielfältig werden wollte in Kinderhand und Kinderherzen und aus Kinderseelen seine Seele trank." Wie es da dämmert und dunkelt, wie sich der "flammende Knäuel" als "endloses Lichterband" abrollt, das ist ein Leseschmaus und lässt den Zug vor dem geistigen Auge 90 Jahre später Realität werden.

1924 ist auch das Jahr, in dem die Poppelsdorfer sich über einen eigenen Umzug freuen. Im GA heißt es dazu nur, dass die Vorortfeiern nicht hinter der Stadt zurückblieben: "Umzüge und Martinsfeuer - letzteres kann sich die Altstadt nicht gestatten - spielten sich in althergebrachter Weise ab." Außer in Poppelsdorf gibt es diese "Sonderumzüge" noch in Endenich, Kessenich und Rheindorf, ebenso in Beuel, das aber extra erwähnt wird.

Die Fotos zu unserem Text stammen aus den 1950er Jahren. Der GA verzeichnet im November 15 000 jubelnde Kinder beim großen Martinszug in Bonn, zwei Jahre später sind es 10 000 bunte Sterne, die durch Bonn wandern, um Johann Rösberg als Sankt Martin das fröhliche Geleit zu geben. 1957 sind es in Poppelsdorf 2000 Kinder, den Gänsewagen ziert ein Bild der Sternenburg, flankiert von zwei Gänselieseln.

Weitere Informationen zu dem Martinsfest auf der Seite des Bonner Münsters.

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