Stadt Bonn verspricht Keine versteckte Erhöhung der Grundsteuer

Bonn · Bis 2025 haben Land und Stadt noch Zeit sich zu entscheiden, wie die Anpassung der Grundsteuererhebung aussehen soll. Das Presseamt der Stadt Bonn verspricht aber schon jetzt, dass die Umstellung nicht zur versteckten Erhöhung von Kosten genutzt werden soll.

 Die beschlossene Neubewertung aller Grundstücke und Immobilien in Deutschland wird sich auch in Bonn auf die künftige Höhe der Grundsteuer auswirken.

Die beschlossene Neubewertung aller Grundstücke und Immobilien in Deutschland wird sich auch in Bonn auf die künftige Höhe der Grundsteuer auswirken.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Reform der Grundsteuer ist auf dem Weg. Gerade noch rechtzeitig haben CDU/CSU, SPD und Grüne vergangene Woche im Bundestag die entsprechenden Gesetze verabschiedet. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Berechnungspraxis ab 2020 für verfassungswidrig erklärt, da die Immobilienbewertungen aus dem Jahr 1964 (in den neuen Ländern von 1935) stammen und somit Wertveränderungen nicht berücksichtigen. Der Bundesrat muss noch zustimmen.

Von Planungssicherheit sind Bonner Eigentümer von Immobilien, Bauherren und Kaufwillige indessen weit entfernt. Denn wie die Reform in der Stadt umgesetzt wird, ist nicht absehbar.

Grundsätzlich haben sich die Parteien im Bund auf eine Neubewertung aller Grundstücke und Immobilien geeinigt. Dabei sollen vor allem der Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Immobilienart, das Alter des Gebäudes und die Nettokaltmiete zugrunde gelegt werden. Letztere wird nicht individuell ermittelt. Vielmehr wird das Bundesfinanzministerium die Gemeinden nach statistischen Daten in Mietniveaustufen einteilen. Man darf davon ausgehen, dass die angesetzte durchschnittliche Nettokaltmiete in Bonn verhältnismäßig hoch ausfallen wird.

Druck aus Bayern schuf Öffnungsklausel

Alle Grundbesitzwerte werden damit steigen. Damit die Steuerlast sich nicht analog vervielfacht, wird der Betrag mit der sogenannten Steuermesszahl multipliziert. Die sinkt um den Faktor Zehn von 0,35 Prozent auf 0,034 Prozent.

Allerdings ist auf Druck von Bayern eine Öffnungsklausel geschaffen worden. Demnach kann jedes Land die Steuer auch allein nach der jeweiligen Fläche berechnen. Dann hätte ein Hauseigentümer in der Südstadt dieselbe Steuerlast wie ein Hausbesitzer mit derselben Fläche in Beuel-Ost.

Der Haus- und Grundbesitzerverband "Haus & Grund" Bonn Rhein/Sieg fordert genau dies: NRW möge Bayern folgen und die Grundstücke nicht neu bewerten. "Würden im weiteren Verlauf des Verfahrens der Rat der Stadt Bonn und die entscheidenden Gremien im Rhein-Sieg-Kreis bei den bestehenden Grundsteuer-Hebesätzen bleiben, so würden zumindest insoweit die Vermieter nicht noch zusätzlich weiter belastet", erklärt Vereinsvorstand Dirk Vianden.

Verhalten des Landes immer noch offen

Wie das Land sich verhalten wird, lässt die Landesregierung offen. Für eine Nutzung der Öffnungsklausel gebe es keinen Stichtag, erklärt Mirko Daniels, der stellvertretende Pressesprecher von Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) dem GA, "diese Entscheidung kann daher ohne zeitlichen Druck im kommenden Jahr getroffen werden".

Zweiter Unsicherheitsfaktor ist die Stadt. Sie bestimmt wie alle Kommunen die Hebesätze, mit denen wiederum die Summe aus dem Grundbesitzwert und der Steuermesszahl multipliziert wird. In Bonn sind die Sätze im vergangenen Jahrzehnt kräftig gestiegen. Für die Grundsteuer A auf land- und forstwirtschaftliche Flächen lagen sie bis 2010 bei 250 Prozent. Seit 2015 rechnet die Stadt mit 340 Prozent. Bei der Grundsteuer B auf bebaute Grundstücke wuchs der Faktor von 500 Prozent (bis 2009) auf derzeit 680 Prozent.

Unter den 396 Kommunen im Land liegt Bonn damit nach Daten von IT.NRW ziemlich weit oben. 284 Städte und Gemeinden haben bei der Grundsteuer B Hebesätze unter 600, lediglich 44 über 700. Im Bundesvergleich liegt Bonn mit 86 von insgesamt 11.014 Kommunen noch deutlicher in der Spitzengruppe mit Hebesätzen über 600.

Hebesatz dürfte sinken, aber Anpassungen nach oben nicht unwahrscheinlich

Die Stadt werde die Umstellung "nicht zu einer versteckten Erhöhung der Grundsteuerbelastung für die Bürger nutzen", heißt es verbindlich aus dem Presseamt. Der Hebesatz dürfte damit sinken. Allerdings sind Anpassungen nach oben angesichts der Pflicht zu einem ausgeglichenen Haushalt nicht vom Tisch. Die Stadt, so das Presseamt, werde die Grundsteuerhebesätze "auch künftig allein nach den dann anstehenden finanziellen Bedarfen der Stadt ausrichten".

Immobilienbesitzer können als Vermieter die Grundsteuer als Nebenkosten an ihre Mieter weiterreichen. Der Deutsche Mieterbund ist in den Beratungen mit seiner Forderung gescheitert, dies künftig zu untersagen. "Solange das nicht der Fall ist, muss die Stadt Bonn durch die Festsetzung der Hebesätze dafür sorgen, dass das Wohnen in Bonn nicht noch teurer wird", verlangt der Vorsitzende des Regionalverbandes Bonn Rhein/Sieg/Ahr, Bernhard von Grünberg.

Wie auch immer Land und Stadt sich entscheiden - bis die Steuer in der neuen Form eingefordert wird, dauert es noch ein wenig. Sie soll erst ab 2025 erhoben werden. Bis dahin bleibt alles wie gehabt.

„Recht konkret“: Die Veranstaltung am Mittwoch, 6. November

In der Reihe "Recht konkret" unter Federführung des Landgerichts Bonn und unter Mitwirkung von General-Anzeiger und Bonner Anwaltverein beschäftigt sich die Veranstaltung am Mittwoch, 6.November, mit der Novellierung der Grundsteuer. Beginn im Landgericht ist um 18 Uhr, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Nach zwei Kurzvorträgen stehen die Referenten ausführlich für Fragen der Zuhörer zur Verfügung. Das sind die Referenten:

Dr. Jörg Stalleiken wird zunächst einen Überblick über das Verfahrensrecht geben und Zuständigkeiten, Mitwirkende und die Möglichkeiten zum Rechtsschutz gegen fehlerhafte Grundsteuerbescheide erläutern. Stalleiken ist seit 2007 Rechtsanwalt und Steuerberater bei Flick Gocke Schaumburg und seit 2016 Partner. Er studierte in Passau und Münster und promovierte in Bonn. Zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit gehören die steuerliche Strukturierung von Privatvermögen sowie nationale und internationale Nachfolgeplanung, auch unter Beteiligung von in- und ausländischen Stiftungen.

Gero Hagemeister wird über die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Änderungen des Grundsteuerrechts sowie die sich daraus ergebenden praktischen Anforderungen sprechen. Dabei geht er besonders auf die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und die dabei zu berücksichtigenden wertbildenden Faktoren ein und stellt das Verfahren dar. Hagemeister ist Partner bei der BDO AG und hat als Sprecher die Standortleitung in Bonn sowie die Verantwortung für den dortigen Bereich Steuern und wirtschaftsrechtliche Beratung übernommen. Er ist unter anderem Mitglied des Vorstands der Steuerberaterkammer Köln und verfügt über langjährige Erfahrungen in der Beratung und im Projektgeschäft nationaler und internationaler Handels-, Dienstleistungs- und Produktionsunternehmen, Rechenzentren sowie IT-Dienstleister.

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