Goethe hat sie gefördert

Ein Beispiel für die weiblichen Persönlichkeiten, an die im Wohnpark Vilich-Müldorf erinnert wird, ist Adele Schopenhauer. Eigentlich Luise Adelaide Lavinia, aber daraus wird kurz und knapp Adele.

 Der Adele-Schopenhauer-Weg befindet sich im Wohnpark Vilich-Müldorf.

Der Adele-Schopenhauer-Weg befindet sich im Wohnpark Vilich-Müldorf.

Foto: Max Malsch

Vilich-Müldorf. Die Namensliste ist beeindruckend: Lise Meitner und Helene Weigel, Clara Schumann, Emmy Noether, Mary Wigman oder Caroline Herrschel. Quasi ein Gipfeltreffen bekannter Künstler- und Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Jahrhunderten. Im Wohn- und Technologiepark in Vilich-Müldorf kommen sie alle zusammen.

Anfang 2006 entschied die Bezirksvertretung Beuel, die Straßen in dem neuen Wohnpark nach diesen namhaften Frauen zu benennen. So sollte der Park eine eigene Identität bekommen und die Orientierung im städtischen Gesamtgefüge erleichtert werden.

Ein Beispiel für die weiblichen Persönlichkeiten, an die hier erinnert wird, ist Adele Schopenhauer. Eigentlich Luise Adelaide Lavinia, aber daraus wird kurz und knapp Adele. Bekanntheit erlangt sie durch ihre schriftstellerische Arbeit, sie veröffentlicht Märchen, Gedichte, Romane und Tagebücher; auch ihre Scherenschnitte werden von den Zeitgenossen sehr geschätzt. 1797 in Hamburg als Tochter von Johanna Schopenhauer und dem Kaufmann Heinrich Floris Schopenhauer geboren, zieht sie 1806 nach dem Tod des Vaters mit ihrer Mutter nach Weimar.

Der große Bruder Arthur bleibt in Hamburg. In Weimar etabliert Mutter Johanna einen literarischen Salon, in dem Künstler und Gelehrte sich treffen und wo auch der Kontakt zu Goethe entsteht. Adele wächst unter dem Einfluss dieses Zirkels auf. Das begabte Mädchen beschäftigt sich mit Dichtung und Literatur, wird von Goethe gefördert.

1819 trifft ein schwerer Schlag die beiden Frauen: Die Mutter verliert einen Großteil ihres Vermögens, von jetzt an wird ihre Schriftstellerei die wichtigste Einnahmequelle. Zehn Jahre später drängt die Tochter auf einen Umzug nach Bonn. 1828 hatte sie hier die als "Rheingräfin" bekante Sibylle Mertens-Schaafhausen kennengelernt und in ihr wohl die Liebe ihres Lebens gefunden. Die Mieten in Bonn sind zu teuer, also ziehen die Schopenhauers zunächst auf den Zehnthof nach Unkel, den die Rheingräfin ihnen für wenig Miete zur Verfügung stellt. Nur in den Wintermonaten kommen sie nach Bonn. Erst ab 1832 leben die beiden Frauen ganzjährig in Bonn.

Adeles Mutter geht 1838 nach Jena, wo sie wenig später verarmt stirbt. Adele, die wohl immer unter der Bevormundung ihrer dominanten Mutter gelitten hat, gibt jetzt ihren Nachlass heraus und beginnt zu reisen. Wegen eines Lungenleidens verbringt sie viel Zeit in Italien.

Schwer krank kehrt sie nach Bonn zurück und zieht zu ihrer Freundin Sibylle, deren Ehemann inzwischen gestorben war, an die Wilhelmstraße. 1849 stirbt Adele Schopenhauer und wird an Goethes 100. Geburtstag begraben.

Ihr Grab findet sich auf dem Alten Friedhof in Bonn, den Stein mit italienischer Inschrift gab Sibylle Mertens in Auftrag. In der Bewertung ihres Lebens scheiden sich die Geister: Viele sehen in ihr eine Frau, die durch ihr Lebensmodell die Grenzen ihrer Zeit sprengte, andere glauben, dass ihr im Schatten ihrer Mutter ein eigenes Leben versagt blieb.

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